Hinter dem großen Spiegelfenster von Klabund

Hinter dem großen Spiegelfenster des Cafes
Sitz ich und sehe heiß auf das Straßenpflaster,
Suche im Treiben der Farben und Körper Heilung meines sentimentalen Weh’s,
Sehe viele Frauen, Fremde, bunte Offiziere, Gauner, Japaner, sogar einen Negermaster.
Alle blicken sie zu mir und haben Sehnsucht nach der Musik im Innern,
Wollen träumerisch- und sanfter Töne sich erinnern.
Aber ich, an meinen Stuhl gebannt und gebrannt,
Starre, staune nach draußen unverwandt,
Daß jemand komme, freiwillig, nicht gedrängt,
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Ein blondes Mädchen eine braune Dirne
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In rosa, gelber, violetter Taille
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Oder meinetwegen eine dicke Rentierkanaille
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Mit schmalzigem, verfettetem Hirne –
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Nur daß er mir für fünf Minuten seine Gegenwart schenkt!
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Ich bin so einsam! Einsamer noch macht mich die süße Operette
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O läg ich irgendwo in dunkler Nacht,
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Ein Kind, in einem Kinderbette,
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Von einer Mutter zart zur Ruh gebracht
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Hinter dem großen Spiegelfenster“

Autor
Klabund
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
136
Entstehungsjahr
1913
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Hinter dem großen Spiegelfenster“ stammt von Klabund, bürgerlicher Name Alfred Henschke, einem expressionistischen deutschen Schriftsteller und Dichter, der von 1890 bis 1928 lebte. Somit kann das Gedicht in die Moderne, genauer in die Epoche des Expressionismus um das frühe 20. Jahrhundert eingeordnet werden.

Auf den ersten Eindruck lässt das Gedicht einen sehr melancholischen, vielleicht sogar verzweifelten Eindruck. Es erzählt von der Einsamkeit und dem Verlangen nach Gesellschaft des lyrischen Ichs.

Inhaltlich geht es um das lyrische Ich, das alleine in einem Cafe sitzt und das Geschehen auf der Straße beobachtet. Es leidet unter Sentimentalität und schaut sehnsüchtig auf die vorbeiziehenden Menschen, in der Hoffnung, jemand würde zu ihm kommen und ihm Gesellschaft leisten. Das lyrische Ich fühlt sich extrem einsam, ersehnt aber nur für einige Minuten die Gegenwart eines anderen Menschen, gleich welcher Art dieser Mensch sein könnte. Der Wunsch, wieder ein Kind zu sein und von der Mutter ins Bett gebracht zu werden, deutet auf das Verlangen nach Geborgenheit und auch kindlicher Unschuld hin.

Formal hat das Gedicht keine konkrete Strophenstruktur, sondern besteht aus 18 durchlaufenden Versen. Die Sprache ist dabei sowohl bildreich, als auch eindringlich und direkt. Klabund nutzt vielfältige und teilweise ungewöhnliche Beschreibungen wie „Negermaster“ oder „Rentierkanaille“, um ein lebhaftes, wenn auch teils verwirrendes Bild vom Treiben auf der Straße zu entwerfen. Zugleich transportiert er über die direkte Ansprache der Empfindungen des lyrischen Ichs und dessen Verlangen nach Gesellschaft, die persönliche, emotionale Ebene des Texts.

Insgesamt lässt das Gedicht einen tiefen Einblick in die Gefühlswelt des lyrischen Ichs zu und zeigt dessen Einsamkeit und Sehnsucht, Verzweiflung und Hoffnung auf sehr unmittelbare Art und Weise. Durch seine Form und Sprache wird „Hinter dem großen Spiegelfenster“ zu einem typischen Vertreter expressionistischer Lyrik.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Hinter dem großen Spiegelfenster“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Klabund. Der Autor Klabund wurde 1890 in Crossen an der Oder geboren. Im Jahr 1913 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 136 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 18 Versen. Weitere Werke des Dichters Klabund sind „Berliner Mittelstandsbegräbnis“, „Berliner in Italien“ und „Blumentag“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Hinter dem großen Spiegelfenster“ weitere 139 Gedichte vor.

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