Hinab von Heinrich Kämpchen

Hochherzig nenn’ ich jeden Mann,
Der frei von eig’nen Händen sinket
Und ohne Furcht vor’m Todesbann
Den dunklen Lethetropfen trinket. –
 
Heil ihm, der also frei und kühn
Vom Leben scheidet ohne Zagen,
Der, ob rings Blumen ihn umblüh’n,
Hinab sinkt zu des Hades Klagen. –
 
Ob auch die Welt ihn treulos nennt
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An seinem Gott und seinem Leben –
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Wo solche Todesflamme brennt,
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Wer sollte da noch feige beben? –
 
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Nein, nur hinab, mit kaltem Blut,
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Aus diesem niedrigen Gewühle,
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Was kümmert euch die wilde Glut,
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Bei mir steht es, wenn ich sie kühle. –
 
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Was kümmert’s euch, die ihr vergnügt
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Und wohlig schwimmt im Meer der Tage,
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Wenn ich, dem dieses nicht genügt,
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Den Sprung ins Ungewisse wage? –
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Hinab“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
119
Entstehungsjahr
1909
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Hinab“ stammt von Heinrich Kämpchen, einem deutschen Schriftsteller der späten Romantik, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und anfangs des 20. Jahrhunderts tätig war.

Vom ersten Eindruck her präsentiert sich das Gedicht als ein zutiefst ernstes und etwas düsteres Werk. Es scheint, als ob es sich auf Themen von Tod, Todesmut, Freiheit und dem Abstieg ins Dunkle bezieht.

Thematisch handelt das Gedicht von einer Person, die einerseits den Mut besitzt, ihr eigenes Leben zu beenden und andererseits die Gesellschaft hinterfragt, die diese Handlung missbilligt. Das lyrische Ich spricht mit einer Art Bewunderung von der Person, die den „dunklen Lethetropfen“ trinkt und „frei und kühn vom Leben scheidet“. Dabei gibt es eine widersprüchliche Haltung gegenüber der Gesellschaft: Einerseits scheint es, dass das lyrische Ich die Welt und deren Treulosigkeit verachtet, andererseits stellt es infrage, was es die Welt angeht, wenn es sich entscheidet, sein Leben zu beenden.

Die formale Struktur des Gedichtes besteht aus fünf Strophen mit jeweils vier Versen, was einen sehr strukturierten Eindruck erzeugt. Die Sprache des Gedichts ist metaphorisch und bildhaft, mit Anspielungen auf die Mythologie (z.B. „Lethetropfen“, „Hades“, „Todesflamme“). Dabei ist die Sprache relativ einfach und unverschnörkelt, was zum ernsten Thema des Gedichts passt.

Abschließend scheint das Gedicht eine dunkle und zutiefst persönliche Reflexion über das Leben und den Tod darzustellen, spezifischer über den Akt des Selbstmords und die Reaktion der Gesellschaft darauf. Dabei stellt das Gedicht die Frage, wer das Recht hat, über solch tiefgründige und finale Entscheidungen zu urteilen, und hinterfragt die Werte und Normen einer Gesellschaft, die einen solchen Akt ächtet.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Hinab“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Heinrich Kämpchen. Geboren wurde Kämpchen im Jahr 1847 in Altendorf an der Ruhr. 1909 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Bochum. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 119 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere Werke des Dichters Heinrich Kämpchen sind „Altendorf“, „Am Gemündener Maar“ und „Am Grabe der Mutter“. Zum Autor des Gedichtes „Hinab“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 165 Gedichte vor.

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