Herbstlied von Ludwig Tieck

Feldeinwärts flog ein Vögelein
Und sang im muntern Sonnenschein
Mit süßen wunderbaren Ton:
Ade! ich fliege nun davon,
Weit, weit,
Reis’ ich noch heut.
 
Ich horchte auf den Feldgesang,
Mir ward so wohl und doch so bang,
Mit frohem Schmerz, mit trüber Lust
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Stieg wechselnd bald und sank die Brust,
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Herz, Herz,
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Brichst du vor Wonn’ oder Schmerz?
 
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Doch als ich Blätter fallen sah,
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Da sagt’ ich: ach! der Herbst ist da,
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Der Sommergast, die Schwalbe zieht,
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Vielleicht so Lieb’ und Sehnsucht flieht
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Weit, weit,
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Rasch mit der Zeit.
 
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Doch rückwärts kam der Sonnenschein,
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Dicht zu mir drauf das Vögelein,
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Es sah mein thränend Angesicht
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Und sang: Die Liebe wintert nicht,
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Nein! nein!
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Ist und bleibt Frühlingsschein!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Herbstlied“

Autor
Ludwig Tieck
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
117
Entstehungsjahr
1799
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das präsentierte Gedicht „Herbstlied“ stammt von Ludwig Tieck, einem bedeutenden deutschen Dichter der Romantik. Tieck lebte von 1773 bis 1853, das Gedicht lässt sich daher in die Epoche der Romantik einordnen, die von Ende des 18. Jahrhunderts bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts reichte.

Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt von einer Stimmung der Melancholie, verbunden mit der Schönheit der Natur und der Wandlung der Jahreszeiten. Es scheint tiefe Gefühle und Emotionen zu vermitteln und ist musikalisch in seiner Sprachgestaltung.

Inhaltlich geht es in diesem Gedicht um das lyrische Ich, das einen Vogel (als Metapher für die Liebe oder eine geliebte Person) beobachtet, der mit dem Herbst in die Ferne zieht. Diese Beobachtung löst eine Reihe von Gefühlen beim lyrischen Ich aus, darunter Freude, Sehnsucht, aber auch Angst und Ungewissheit. In der letzten Strophe kommt der Vogel jedoch zurück und singt von der unveränderlichen Kraft der Liebe, die den Wandel der Jahreszeiten überdauert. Das lyrische Ich scheint also die Botschaft zu vermitteln, dass, obwohl Veränderungen und Abschiede Teil des Lebens sind, die Liebe stets bestehen bleibt.

Die Form des Gedichts ist gekennzeichnet durch eine klare, rhythmische Struktur mit jeweils sechs Versen pro Strophe. Jede Strophe baut thematisch auf der vorherigen auf und führt den Leser durch eine emotionale Reise. Die Sprache ist einfach, jedoch durchzogen von bildhaften und metaphorischen Elementen, die den Inhalt auf emotionale Weise illustrieren. Der Gebrauch von Wörtern und Phrasen, die mit der Natur und den Jahreszeiten in Verbindung stehen, verleiht dem Gedicht eine stark symbolische Ebene. Insbesondere die wiederholte Verwendung des Wortes „weit“ in der ersten und dritten Strophe unterstreicht das Gefühl der Distanz und Abschieds, das im Kontrast zur beständigen Liebe in der letzten Strophe steht.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Herbstlied“ des Autors Ludwig Tieck. Der Autor Ludwig Tieck wurde 1773 in Berlin geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1799 zurück. Erschienen ist der Text in Tübingen. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Romantik zuordnen. Der Schriftsteller Tieck ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. In der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Übel und Missstände dieser Zeit bleiben außen vor und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Des Weiteren sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die grundsätzlichen Themen der Epoche waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde ausgedrückt. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Gedichten und Texten. Phantasie ist für die Schriftsteller der Romantik das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Wissenschaft und Poesie, zwischen Wirklichkeit und Traum soll durchbrochen werden. Die Schriftsteller der Romantik streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es letztlich, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das vorliegende Gedicht umfasst 117 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Die Gedichte „Zeit“, „Nacht“ und „Mondbeglänzte Zaubernacht“ sind weitere Werke des Autors Ludwig Tieck. Zum Autor des Gedichtes „Herbstlied“ haben wir auf abi-pur.de weitere 18 Gedichte veröffentlicht.

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