Herbst von Joachim Ringelnatz

Eine trübe, kaltfeuchte Wagenspur:
Das ist die herbstliche Natur.
Sie hat geleuchtet, geduftet, und trug
Ihre Früchte. – Nun, ausgeglichen,
Hat sie vom Kämpfen und Wachsen genug. –
Scheint’s nicht, als wäre alles Betrug
Gewesen, was ihr entwichen?!
 
Das Händesinken in den Schoß,
das Zweifeln am eignen, an allem Groß,
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Das Unbunte und Leise,
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Das ist so schön, daß es wiederjung
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Beginnen kann, wenn Erinnerung
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Es nicht klein machte, sondern weise.
 
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Ein Nebel blaut über das Blätterbraun,
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Das zwischen den Bäumen den Boden bedeckt.
 
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Wenn ihr euren Herbst entdeckt:
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Dann seid darüber nicht traurig, ihr Fraun.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Herbst“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
17
Anzahl Wörter
95
Entstehungsjahr
1934
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des hier dargestellten Gedichts ist Joachim Ringelnatz, ein deutscher Schriftsteller und Kabarettist, der vor allem für seine humorvollen und skurrilen Gedichte bekannt ist. Er lebte von 1883 bis 1934 und kann daher der Epoche der Moderne zugeordnet werden.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht etwas melancholisch und nachdenklich. Es hat vier Strophen, wobei die ersten beiden längere Gedanken enthalten und die letzten beiden sehr kursorisch sind. Die allgemeine Thematik des Herbstes wird metaphorisch in das Bild des Lebens eingebettet.

Im Grunde nimmt das lyrische Ich eine Perspektive auf den Herbst ein, die ihn als Phase des Zyklus des Lebens, des Wachstums und des Verfalls, aber auch der Wiederbelebung darstellt. Es scheint anzudeuten, dass der Herbst, obwohl er den Tod symbolisiert, auch einen Neuanfang beinhaltet. So wirkt es fragend im ersten Vers („Scheint’s nicht, als wäre alles Betrug Gewesen, was ihr entwichen?!“) und reflektiv im zweiten Vers („Das Händesinken in den Schoß, das Zweifeln am eignen, an allem Groß...“). Es gibt dem Ganzen eine Art Lebensweisheit, und auch eine Art Geheimnisse, die wir entdecken könnten, wenn wir den Herbst unseres eigenen Lebens erreichen.

Formal zeichnet sich das Gedicht durch seine unregelmäßigen Strophen mit der abwechselnden Anzahl von Versen aus. Es hat einen lyrischen, assoziativ-dichterischen Stil, gespickt von klassischen Naturbildern, die jedoch mit psychischen Zuständen und menschliches Verhalten verbunden sind. Die Sprache ist relativ einfach und unverschnörkelt, versucht aber dennoch, komplexe Gedanken und Stimmungen zu vermitteln. Dies wird durch die Verwendung von Metaphern sowie durch den häufigen Gebrauch von Adjektiven und farblicher Beschreibungen verstärkt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass „Herbst“ von Joachim Ringelnatz eine melancholische, aber auch lebensbejahende Perspektive auf diese Jahreszeit einnimmt. Es präsentiert den Herbst als eine Phase des Lebens, in der die Früchte der Vergangenheit geerntet werden, aber auch eine Phase, die Platz für den Neubeginn macht.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Herbst“ des Autors Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1934. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 17 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 95 Worte. Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Afrikanisches Duell“, „Alone“ und „Alte Winkelmauer“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Herbst“ weitere 560 Gedichte vor.

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