An das Leben von Frank Wedekind

Wenn mir dereinst von dieser Seuche
Genesung wird im kühlen Grab,
Dann sei, daß Jung und Alt entfleuche,
Mein Denkmal eine Vogelscheuche:
Mein Hut auf meinem Wanderstab.
 
Der Hut war schwarz und breitgerändert,
Im Herbst von dunklem Grün umlaubt.
Wie hat der Winter ihn verändert!
Jetzt deckt er schmutzig, schlapp, entbändert
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Mein müdes frühgebeugtes Haupt.
 
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Den Stecken hielt ich friedlich nieder,
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Bis ich der Unschuld heil’gen Schlaf
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Gefährdet sah von gift’ger Hyder.
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Ich schlug, daß ich die eignen Glieder
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Mit grauenvollstem Fluche traf.
 
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Zur Seuche, dran ich elend sieche,
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Ward mir des Ungeheuers Gift:
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Der gräßlichste der Erdenflüche.
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Ich taumle hin, ich wanke, krieche,
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Bis mich im Tod Erlösung trifft.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „An das Leben“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
112
Entstehungsjahr
1905
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An das Leben“ wurde von Frank Wedekind geschrieben, einem deutschen Dramatiker und Lyriker, der seine Ausbildung vornehmlich in der Wilhelminischen Ära (1890-1918) absolvierte.

Beim ersten Lesen des Gedichts entsteht ein düsterer, melancholischer Eindruck, der auf die tiefe Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und Krankheit des lyrischen Ichs hindeutet.

Inhaltlich handelt Wedekinds Gedicht von einem lyrischen Ich, das sich im Angesicht des Todes und in der schmerzlichen Reflexion über das gelebte Leben, als ein Opfer des Lebens selbst betrachtet. Es bittet darum, dass nach seinem Tod, das einzige Denkmal an es sein Hut auf einem Wanderstab sein soll. Der Hut, der einst lebendig und dynamisch war, repräsentiert nun sein „müdes frühgebeugtes Haupt“, eine Metapher für sein entkräftetes, durch das Leben erschöpftes Wesen. Line 15 deutet auf Selbstbeschuldigung hin und lässt erahnen, dass das lyrische Ich sich in einer furchtbaren Krankheit oder einer chronischen Seuche befindet, wobei der einzige Ausweg, den es sieht, der Tod ist.

Formal besteht das Gedicht aus vier Fünfzeilen-Strophen, ein sogenanntes „Quintett“, und folgt einem festen Reimschema, was beim Leser eine rhythmische Kontinuität erzeugt. Das Gedicht ist im daktylischen Versmaß geschrieben, was besondere Betonungen und somit Ausdruckskraft und Dynamik in den Versen erzeugt.

Die verwendete Sprache ist gewählt und bildhaft, aber gleichzeitig in ihren Metaphern und Symbolen klar. Wedekind zeigt damit einen hohen Grad an Selbstreflexion und innere Konflikte des lyrischen Ichs. Die wiederkehrenden Bezüge zur Krankheit und zum Tod erzeugen zum einen eine düstere Atmosphäre und zum anderen eine deutliche Kritik am Leben und am Leid, das es mit sich bringt. Die schmerzhafte und trostlose Lebensauffassung des lyrischen Ichs zeigt sich vor allem durch die wiederkehrende Verwendung von negativen Eigenschaftswörtern und Bildern.

Zusammenfassend handelt es sich bei Frank Wedekinds „An das Leben“, um ein sinnbildlich aufrichtiges Verlangen nach Erlösung, das in poetischer Darstellung das Leid und den Schmerz des Daseins thematisiert und die Spannung zwischen Leben und Tod unterstreicht. Es spiegelt Wedekinds Lebenseinstellung und seine Auffassung von der Unausweichlichkeit des Leidens und des finalen Todes wider.

Weitere Informationen

Frank Wedekind ist der Autor des Gedichtes „An das Leben“. 1864 wurde Wedekind in Hannover geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1905. Der Erscheinungsort ist München. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Der Schriftsteller Wedekind ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 112 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Frank Wedekind ist auch der Autor für Gedichte wie „An Bruno“, „An Elka“ und „An Francisca de Warens“. Zum Autor des Gedichtes „An das Leben“ haben wir auf abi-pur.de weitere 114 Gedichte veröffentlicht.

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