Heimweh in die Welt von Richard Dehmel

Blieb es doch so lang’ vor Liebe stumm;
kann ich doch mein Herz, mein Herz nicht töten.
War ich Dein, nur Dein in Glut und Nöten;
weißt warum?
Weil mein Herz so wild;
weil es Meere braucht,
wenn der Sturm ins Blut mir taucht;
weil es Deine Tiefen so gefühlt.
 
Doch wenn nun der Frühling wieder sprießt,
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o ich fühl’s, ich fühl’s, so stumm ich blieb,
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und im warmen Sturm der junge Trieb
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schwillt und schießt:
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wird mein Herz so wild,
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weil es Meere braucht,
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wenn der Sturm ins Blut mir taucht,
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weil es so in alle Weiten fühlt.
 
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Hast es doch gewußt. Es war im Mai:
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als der schreckende Blitz uns rot umlohte,
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als ich meinem Bruder Donner drohte,
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wild und frei:
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gabst mir deine Hand,
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mein in Glut und Schmerz,
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sankest mir ans junge Herz,
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unten tief das ferne deutsche Land.
 
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Und wenn nun der Frühling blühen will
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und die wilden Blitze wieder glühn
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und im Sturm die Meere wieder sprühn:
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dann, oh still!
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gieb mir deine Hand,
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Einmal noch ein Schmerz,
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Einmal noch ein deutsches Herz.
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dann – leb wohl, mein Weib, mein Vaterland.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.9 KB)

Details zum Gedicht „Heimweh in die Welt“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
188
Entstehungsjahr
1893
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Heimweh in die Welt“ wurde von Richard Dehmel verfasst, einem deutschen Dichter, der von 1863 bis 1920 lebte. Seine Schaffenszeit ordnet ihn der literarischen Epoche des Naturalismus sowie des Übergehens in den Expressionismus zu.

Der erste Eindruck des Gedichts zeigt eine bewegte Gemütslage des lyrischen Ichs, eine starke Emotionalität und eine intensive Auseinandersetzung mit Themen wie Liebe, Heimat und Natur.

Der Inhalt des Gedichts lässt sich in einfacher Form zusammenfassen: Das lyrische Ich spricht von tiefer Liebe, die es vor langer Zeit zum Schweigen gebracht hat (Vers 1 und 2). Es fühlt sich stark mit der Natur verbunden, braucht den Sturm und die Meere (Vers 6 und 7) und fühlt intensiv die Tiefen der Geliebten (Vers 8). Mit dem Einsetzen des Frühlings (Vers 9 und 10) braucht es erneut die Wildheit des Sturmes und die Weiten der Meere (Vers 14 bis 16). Es erinnert sich an eine intensive gemeinsame Erfahrung mit der Geliebten im Mai (Vers 17 bis 24), bei der es sich dem „Bruder Donner“ entgegenstellte. Wenn der Frühling wieder blüht und die Stürme erneut toben, scheint eine Trennung einzutreten (Vers 25 bis 32). Das lyrische Ich nimmt schmerzlich Abschied von der Geliebten und seinem Vaterland (Vers 32).

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen zu je acht Versen. Es weist eine regelmäßige Kadenz auf und macht durch die Wiederholungen (z.B. „weil es Meere braucht“) und die Variationen von Motiven wie „Sturm“ und „Meere“ einen rhythmischen, fast musikalischen Eindruck.

Die Sprache des Gedichts ist intensiv und emotional, mit bildhaften Formulierungen (z.B. „als der schreckende Blitz uns rot umlohte“) und wuchtigen Ausdrücken (z.B. „wild und frei“). Die Worte „wild“, „Sturm“, „Meere“ verweisen auf die Natur als Symbol für die emotionalen Zustände des lyrischen Ichs. Die wiederholte Formulierung „mein Herz“ verdeutlicht dabei die persönliche, subjektive Perspektive des Sprechers. Die direkte Ansprache der Geliebten („o ich fühl’s, ich fühl’s, so stumm ich blieb“, „gib mir deine Hand“) kreiert einen Dialog, sodass sich der Leser direkt in die emotionale Welt des lyrischen Ichs hineinversetzt fühlt.

Fazit: Richard Dehmels Gedicht „Heimweh in die Welt“ schildert auf emotional intensive Art und Weise eine innere Zerrissenheit und das Ringen um die Vereinbarkeit von Liebe, Freiheitsdrang und Heimatverbundenheit. Er nutzt dabei eindrückliche Naturbilder und eine kraftvolle, bildreiche Sprache. Eine detailliertere Analyse könnte noch auf die Bedeutung der Farben (z.B. Rot in Verbindung mit Blitz und Liebe) und auf weitere Metaphern und Symbole eingehen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Heimweh in die Welt“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Richard Dehmel. Dehmel wurde im Jahr 1863 in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg geboren. Im Jahr 1893 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in München. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Dehmel ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 188 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Der Dichter Richard Dehmel ist auch der Autor für Gedichte wie „Bann“, „Bastard“ und „Bitte“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Heimweh in die Welt“ weitere 522 Gedichte vor.

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