Heimatlose von Joachim Ringelnatz
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Ich bin fast |
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Gestorben vor Schreck: |
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In dem Haus, wo ich zu Gast |
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War, im Versteck, |
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Bewegte sich, |
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Regte sich |
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Plötzlich hinter einem Brett |
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In einem Kasten neben dem Klosett, |
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Ohne Beinchen, |
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Stumm, fremd und nett |
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Ein Meerschweinchen. |
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Sah mich bange an, |
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Sah mich lange an, |
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Sann wohl hin und sann her, |
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Wagte sich |
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Dann heran |
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Und fragte mich: |
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„Wo ist das Meer?“ |
Details zum Gedicht „Heimatlose“
Joachim Ringelnatz
1
18
63
1928
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Heimatlose“ stammt von dem deutschen Schriftsteller und Kabarettist Joachim Ringelnatz, der im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert lebte und wirkte.
Der erste Eindruck des Gedichts könnte eine Mischung aus Humor und einer gewissen Melancholie hervorrufen. Der Humor ergibt sich aus der abwegigen Situation, in der ein Meerschweinchen - ein Haustier, das normalerweise nicht spricht - eine tiefgehende Frage stellt. Die Melancholie ergibt sich aus der Unmöglichkeit für das Meerschweinchen, seine natürliche Heimat, das Meer, zu finden.
In dem Gedicht erzählt das lyrische Ich von einem Schreck, den es in einem Haus, in dem es zu Gast ist, erlebt. Es entdeckt ein Meerschweinchen, das sich hinter einem Brett in einem Kasten versteckt hat. Das „stumme, fremde und nette“ Tier schaut das lyrische Ich ängstlich und lange an, bevor es sich heranwagt und die Frage stellt: „Wo ist das Meer?“. Hierbei kann das lyrische Ich als Stellvertreter für den Menschen im Allgemeinen gesehen werden, während das Meerschweinchen die Heimatlosigkeit und Verwirrung der Natur in einer vom Menschen dominierten Welt repräsentiert.
Das Gedicht hat eine recht einfache Form und Sprache. Es besteht aus 18 Versen, die in einer einzigen Strophe organisiert sind. Der Rhythmus ist nicht streng festgelegt und es gibt keine regelmäßigen Reime. Die Sprache ist klar und unverschnörkelt, mit einfachen, direkten Aussagen, die dennoch Raum für tiefe Interpretationen lassen. Der abschließende Satz „Wo ist das Meer?“ bietet eine überwältigende emotionale Wirkung, die durch die vorangegangene Beschreibung des ängstlichen und unschuldigen Meerschweinchens verstärkt wird.
Alles in allem könnte das Gedicht „Heimatlose“ als ein Kommentar zu den Auswirkungen des menschlichen Eingriffs in die Natur und der daraus resultierenden Heimatlosigkeit vieler Tiere gelesen werden. Es zeigt eine tiefgreifende Empathie für das Dilemma des Meerschweinchens und durch die Identifikation des lyrischen Ichs mit dem Leser auch für das Dilemma der Menschheit in ihrer Beziehung zur Natur.
Weitere Informationen
Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Heimatlose“. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1928 zurück. Der Erscheinungsort ist Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 63 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 18 Versen. Die Gedichte „7. August 1929“, „Abendgebet einer erkälteten Negerin“ und „Abermals in Zwickau“ sind weitere Werke des Autors Joachim Ringelnatz. Zum Autor des Gedichtes „Heimatlose“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.
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Zum Autor Joachim Ringelnatz sind auf abi-pur.de 560 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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