Heilige von Rainer Maria Rilke

Große Heilige und kleine
feiert jegliche Gemeine;
hölzern und von Steine feine,
große Heilige und kleine.
 
Heilge Annen und Kathrinen,
die im Traum erschienen ihnen,
baun sie sich und dienen ihnen,
heilgen Annen und Kathrinen.
 
Wenzel laß ich auch noch gelten,
10 
weil sie selten ihn bestellten;
11 
denn zu viele gelten selten –
12 
nun, Sankt Wenzel laß ich gelten.
 
13 
Aber diese Nepomucken!
14 
Von des Torgangs Lucken gucken
15 
und auf allen Brucken spucken
16 
lauter, lauter Nepomucken!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Heilige“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
73
Entstehungsjahr
nach 1891
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht, „Heilige“, wurde geschrieben von Rainer Maria Rilke, einem der bedeutendsten Lyriker der literarischen Moderne, der von 1875 bis 1926 lebte.

Beim ersten Eindruck wirkt das Gedicht simpel und humorvoll, aber auch kritisch. Es nimmt die kirchliche Praxis der Heiligenverehrung aufs Korn. Rilke bemängelt in seinen Versen die Inflation der Heiligen und empfindet deren Allgegenwart als eine Art Belästigung.

Das Gedicht beginnt mit dem Prinzip der Heiligenverehrung, wobei zwischen „großen“ und „kleinen“ Heiligen unterschieden wird. In der zweiten Strophe, in der er speziell die heiligen Annen und Kathrinen erwähnt, scheint er den Umstand zu kritisieren, dass die Gläubigen ihre Heiligen selbst „bauen“, also nach ihren eigenen Bedürfnissen auswählen und deuten. In der dritten Strophe wird Sankt Wenzel eingeführt, der offenbar seltener verehrt wird. In der letzten Strophe äußert Rilke seinen Unmut über die „Nepomucken“, was auf den Heiligen Johannes Nepomuk anspielt, der in der damaligen Zeit sehr populär war.

In Bezug auf Form und Sprache hält Rilke an einem strengen, fast kinderliedhaften Reimschema fest. Jede Strophe besteht aus vier Zeilen, in denen sich die ersten und die letzten beiden Zeilen reimen. Dieses Reimschema und der häufige Gebrauch einfacher, direkter Sprache erzeugen einen humorvollen, fast satirischen Ton.

Die Wahl einfacher Volkssprache und die personenbezogene Anrede helfen, seine Kritik an der institutionalisierten Religion zugänglicher und verständlicher zu machen. Insbesondere die letzte Strophe, in der er sich über die „Nepomucken“ ärgert, die überall herumspucken, ist bildhaft und humorvoll, aber dennoch kritisch, was anzeigt, dass Rilke die Tendenz zur Personenkultus in der Kirche kritisiert.

Weitere Informationen

Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Heilige“. Der Autor Rainer Maria Rilke wurde 1875 in Prag geboren. Zwischen den Jahren 1891 und 1926 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Frankfurt am Main. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Bei Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 73 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Rainer Maria Rilke sind „Abend“, „Abend“ und „Abend in Skaane“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Heilige“ weitere 338 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Rainer Maria Rilke

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Rainer Maria Rilke und seinem Gedicht „Heilige“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Rainer Maria Rilke (Infos zum Autor)

Zum Autor Rainer Maria Rilke sind auf abi-pur.de 338 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.