Hafenkneipe von Joachim Ringelnatz

In der Kneipe „Zum Südwester“
Sitzt der Bruder mit der Schwester
Hand in Hand.
Zwar der Bruder ist kein Bruder,
Doch die Schwester ist ein Luder
Und das braune Mädchen stammt aus Feuerland.
 
In der Kneipe „Zum Südwester“
Ballt sich manchmal eine Hand,
Knallt ein Möbel an die Wand.
 
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Doch in jener selben Schenke
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Schäumt um einfache Getränke
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Schwer erkämpftes Seemannsglück.
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Die Matrosen kommen, gehen.
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Alles lebt vom Wiedersehen.
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Ein gegangener Gast sehnt sich zurück.
 
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Durch die Fensterscheibe aber träumt ein Schatten
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Derer, die dort einmal
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Oder keinmal
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Abenteuerliche Freude hatten.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Hafenkneipe“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
19
Anzahl Wörter
91
Entstehungsjahr
nach 1899
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Hafenkneipe“ stammt von dem deutschen Autor Joachim Ringelnatz, der von 1883 bis 1934 lebte. Mit seiner besonderen Betonung auf Alltagsszenen und Nonsens passt er in die Strömung der Neuen Sachlichkeit, die sich in der Zeit der Weimarer Republik entwickelte und den Pragmatismus und die Sorgen des Alltags in den Vordergrund rückte.

Das Gedicht bietet zunächst einen sehr atmosphärischen Eindruck einer typischen Hafenkneipe, in der die Gedanken und Träume der Seefahrer eine zentrale Rolle spielen. Ringelnatz beschreibt das Leben in der Kneipe, die Gesellschaft, die dort sitzt, die Gefühle und Stimmungen, die sie ausleben. Es ist ein Ort des Glücks, der Freude und der Sehnsucht, gleichzeitig aber auch ein Platz der Enttäuschungen und Resignation.

Inhaltlich betrachtet, verweist das lyrische Ich auf eine Szene in einer Kneipe, in der ein Mann und eine Frau Hand in Hand sitzen, die als Bruder und Schwester bezeichnet werden, obwohl sie diese Rollen gar nicht einnehmen. Es wird auf die Dualität der Figuren hingewiesen, die einerseits eine familiäre Beziehung darstellen und andererseits eine Affäre andeuten.

Im weiteren Verlauf wird die Kneipe als ein Ort der Spannungen und Zankereien, aber auch der Freude und des Glücks beschrieben. Es geht um die Hoffnungen und Sehnsüchte der Seeleute, die kommen und gehen, und sich nach diesem Ort sehnen, wenn sie nicht da sind.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen unterschiedlicher Länge und besticht durch seinen lebendigen und volkstümlichen Stil. Die Verse sind kurz und prägnant und verwenden dabei Bildersprache und Metaphern, um die Stimmung zu vermitteln. Die Worte lassen einen rauen, authentischen Rahmen entstehen, der die Atmosphäre der Zeit und des Ortes gut transportiert.

Die Sprache ist klar und direkt, mit einer speziellen Konzentration auf den Einsatz von konkreten Bildern und dem Alltagsslang, den die charakteristischen Bewohner dieser Hafenkneipe sprechen würden. Ringelnatz' Wortwahl, sein spielerischer Umgang mit Sprache und der Wechsel zwischen Ernst und Ironie geben einen Einblick in die Welt dieser Menschen am Meer.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Hafenkneipe“. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Im Zeitraum zwischen 1899 und 1934 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 19 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 91 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Abschied von Renée“, „Abschiedsworte an Pellka“ und „Afrikanisches Duell“. Zum Autor des Gedichtes „Hafenkneipe“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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