Karthago von Jakob van Hoddis

1	Der eherne Stier speit Flammen. Durchs offene Tempeldach
2	Blitzern die Strahlen der Sonne.
3	Männer mit offenen Armen beten.
4	Einer verschwand in dem krachenden dampfenden ehernen Maul -
5	Knabenmänner, die zum Tanz sich drehten.
6	O blaue Tage, Tage der blutigen Rosen,
7	Wo die bewaffneten Kähne die ewig bewegliche See durchschnitten.
8	Tage des Opfers und menschenmordender Bitten.
9	Wo die beschnittenen Priester mit sanft gleitenden Schritten
10	In den Winkeln der Gärten mit Frauen kosen
11	Als Weib mit dem Weibe.
12	Und es zittern und klirren die Goldgeschmeide
13	Am heiligen Leibe.
14	Tage der purpurnen Sonnenstrahlen.
15	Tage der Glut in der steinernen Stadt.
16	Tage der Liebe und Tage der Qualen.
17	Tage der Glut in der steinernen Stadt.
18	Über der blau donnernden Flut unermüdlicher Meere
19	Droht dir der Tod.
20	Hoch am Himmel steht der Komet bluteiternd und rot,
21	Ein Schwert, das die Leiber verzehrt,
22	Ein Drache der Wut.
23	Blut bedeutet das träumende Licht in den Straßen,
24	Vernichtung und Blut.
25	Umsonst heult der eherne Stier mit feurigem Schlunde,
26	Eure Töchter und Söhne verbrennt ihr im grässlichen Feuer vergebens.
27	Horch, es klingt der gläserne Tod durch die wüste Stunde.
28	Und es erstarrt im Mittagswunder der Traum und die Kraft eures Lebens.

Details zum Gedicht „Karthago“

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „Karthago“ ist Jakob van Hoddis. Im Jahr 1887 wurde van Hoddis in Berlin geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1903 und 1942. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Expressionismus zugeordnet werden. van Hoddis ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 192 Worte. Die Gedichte „Weltende“ sind weitere Werke des Autors Jakob van Hoddis. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Karthago“ keine weiteren Gedichte vor.

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