Gruß zum Sängerfest von Louise Otto-Peters
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Gruß Euch, Ihr Sänger! einen Festesgruß |
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Aus meiner Heimat schall es Euch entgegen, |
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Aus meiner Heimat, wo im Vorgenuß |
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Sich frisch und fröhlich alle Herzen regen. |
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Gesegnet all ihr liederreichen Scharen, |
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Die gleich wie Vöglein wir im Lenz gewahren, |
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Zu unsren Büschen unsren Bergen kehren, |
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Mit ihren Liedern unser Elbthal ehren. |
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Hier, wo der Dom, Denkmal der Gotenzeit, |
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Zum Himmel strebt mit seinen Zackenspitzen. |
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Ein Zeugnis heil’ger Gottestrunkenheit, |
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Die ihren Bau geweiht mit Geistesblitzen – |
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Hier singt auch Ihr im Tempel der Germanen |
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Dem heiligen Vermächtnis unsrer Ahnen, |
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Und Gunst und Beifall ist dem Fest gewonnen: |
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„Christlich-germanisch“ ward es ja begonnen. |
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Doch nicht im Tempel nur von Menschenhand! |
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Es lockt Natur zu sich heraus in’s Freie |
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Auf Bergen und in Wäldern haltet Stand |
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Und gebt dem Tag die frohe Sangesweihe |
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In Chören die von tausend deutschen Zungen |
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Aus tausend Herzen sich zugleich gerungen |
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Zum freien Lied gleichwie viel kleine Flammen |
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Zu einer großen Flamme glühn zusammen. |
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Es wohnt Begeisterung in jedem Sang, |
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O wie viel mehr in Euren Bundesliedern. |
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Wo in der Töne Harmonienklang |
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Sich Grüße wechselnd finden und erwidern – |
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Bis dann in einem Ton die Unbekannten |
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Vertraut verbunden sich im Liede fanden, |
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Und in der Chöre Ineinanderklingen |
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Ein Bruderband sie alle um sich schlingen. |
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Ein Bruderband! das ist ein heilig Wort, |
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Das ist die Losung der verjüngten Zeiten |
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Das knüpft nicht nur, das wahret fort und fort |
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Das nehmt mit Euch als Liebespfand beim Scheiden, |
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Und bei des Festes freundlichen Gedenken |
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Mögt Ihr es auch den Heimgebliebnen schenken, |
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Daß nicht nur Tausenden, nein allen, allen |
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Die Bruderworte aus den Herzen schallen. |
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Und ist der Sänger nun dem Sänger gleich – |
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Warum denn fühlen sich nicht Alle Brüder? |
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Gewiß! es kommt die Zeit so groß, so reich, |
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Da sind wir einig wohl durch mehr als Lieder! |
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Da singen wir der deutschen Freiheit Psalmen! |
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Da steht die Saat in segensreichen Halmen |
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Zu der wir hoffend jetzt den Samen streuen |
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Gott gebe, daß wir uns der Ernte freuen! |
Details zum Gedicht „Gruß zum Sängerfest“
Louise Otto-Peters
6
48
326
1840–1850
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Gruß zum Sängerfest“ wurde von Louise Otto-Peters geschrieben, einer deutschen Schriftstellerin und Frauenrechtlerin, die von 1819 bis 1895 lebte. Das legt das Werk in die Zeit des 19. Jahrhunderts ein, einer Epoche, in der romantische Strömungen und das Streben nach nationaler Identität und Einheit oft im künstlerischen Schaffen zum Ausdruck kamen.
Das Gedicht macht auf den ersten Eindruck einen festlichen und patriotischen Eindruck, der den Geist der damaligen Zeit widerspiegelt. Es spricht von Liedern, Sängergemeinschaften, Bruderbanden und Natur, wobei die Natur und Musik oft im romantischen Sinne als eine Art göttliche Inspiration gedeutet wurden.
Im Inhalt übermittelt das lyrische Ich eine Art Willkommensgruß zu einem Sängerfest. Es lobt die Sänger und ihr Liederspiel und spricht von der Wechselwirkung zwischen den Sänger und der Natur („Auf Bergen und in Wäldern haltet Stand / Und gebt dem Tag die frohe Sangesweihe“). Es betont auch die brüderliche Verbindung zwischen den Teilnehmern und die Kraft der Musik, diese Verbindungen zu schaffen und zu stärken. Darüber hinaus scheint das lyrische Ich darauf hinzudeuten, dass das Sängerfest und die durch Musik geschaffene Gemeinschaft ein Vorbote einer größeren, allgemeinen Verbundenheit sind, idealerweise durch mehr als nur Lieder.
In Bezug auf Form und Sprache ist das Gedicht in sechs achtzeiligen Strophen gehalten und folgt einem klaren Reimschema (Englischer Vierheber), was zum festlichen Ton des Gedichts beiträgt. Die Sprache ist eher formell und poetisch, mit der Verwendung von Metaphern und romantischer Symbolik, wie der Benutzung von Natur- und Musiksymbolen zur Darstellung höherer Ideale und Werte. Es ist auch eine klare Stimmung der Hoffnung und des Optimismus in der Sprache spürbar, verbunden mit einem starken Glauben an die vereinigende Kraft von Musik und Gemeinschaft.
Weitere Informationen
Louise Otto-Peters ist die Autorin des Gedichtes „Gruß zum Sängerfest“. 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. 1850 ist das Gedicht entstanden. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten der Autorin lassen eine Zuordnung zur Epoche Realismus zu. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 326 Worte. Weitere Werke der Dichterin Louise Otto-Peters sind „An Ludwig Börne“, „An Richard Wagner“ und „Auf dem Kynast“. Zur Autorin des Gedichtes „Gruß zum Sängerfest“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 106 Gedichte vor.
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Zum Autor Louise Otto-Peters sind auf abi-pur.de 106 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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