Grabschrifft eines trefflichen Vorsprechers von Andreas Gryphius

ICh / der durch alle Netz der ernsten Rechte brach /
Dem an Verstand vnd Kunst kaum iemand gleich zu schätzen
Der sich für keinem Thron noch Richtstul kont entsetzen
Verlohr / als mir der Todt mein endlich Vrtheil sprach.
Der wolberedte Mund / der gleich der stoltzen Bach
Sich vnverzagt ergoß / der iede zu verletzen
Vnd trösten mächtig war / vergaß sein weises schwätzen /
Der strenge Richter gab mir keine Frist mehr nach.
Er schloß die Augen zu / den nichts verschlossen war!
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Der Kärcker brach vnd schloß / den schleust die enge Bahr:
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Was hilfft mich / daß ich vor befördert so viel Sachen?
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Daß meine Widerpart mit schrecken mich gehört?
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Daß ieder dem ich kundt / mich mit Bestürtzung ehrt?
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Nun nichts mich von dem Spruch deß Todes loß kan machen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Grabschrifft eines trefflichen Vorsprechers“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
125
Entstehungsjahr
1658
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes ist der barocke Dichter Andreas Gryphius (1616-1664). Das Werk fällt daher in die Epoche des Barocks, welche durch ausgeprägte Vanitas-Motive und eine intensive Auseinandersetzung mit Tod und Vergänglichkeit gekennzeichnet ist.

Das Gedicht hinterlässt auf den ersten Blick einen düsteren und ernsten Eindruck, da es sich um das Grab eines „trefflichen Vorsprechers“, also vermutlich eines Anwalt oder Gerichtsredner, und dessen Tod handelt.

Inhaltlich geht es um die Reflexionen des lyrischen Ichs, welches sich als den Verstorbenen Vorsprecher identifiziert, auf sein Leben und Sterben. Durch seinen Verstand und seine Beredsamkeit war er zu Lebzeiten in der Lage, jede rechtliche Herausforderung zu meistern und seine Gegner einzuschüchtern. Doch trotz all seiner geistigen Gaben und Fähigkeiten konnte er dem Tod, dem „endlichen Urteil“, nicht entkommen. Alle seine Erfolge und Ruhmestaten sind nun belanglos, da der Tod unerbittlich und unausweichlich ist. Dies unterstreicht das Leitmotiv der Vergänglichkeit, welches typisch für die Barockzeit ist.

Das Gedicht besteht aus einem einzigen vierzehnzeiligen Sonett, ein klassisches Format, das auch die Ernsthaftigkeit des Themas unterstreicht. Die Sprache ist hochgestochen und formal, mit vielen bildlichen Beschreibungen und Metaphern. Es sind auch einige archaische Ausdrücke und Schreibweisen vorhanden, welche der damaligen Zeit entsprechen.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass Gryphius in diesem Gedicht die Vergänglichkeit des Lebens und die Unausweichlichkeit des Todes betont. Trotz aller irdischen Erfolge und Fähigkeiten, wird jeder Mensch sterben und all sein Ruhm und Reichtum werden bedeutungslos. Dies ist eine zentrale Botschaft des Barocks, die hier sehr stark zum Ausdruck kommt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Grabschrifft eines trefflichen Vorsprechers“ ist Andreas Gryphius. Geboren wurde Gryphius im Jahr 1616 in Glogau. Das Gedicht ist im Jahr 1658 entstanden. In Breslau ist der Text erschienen. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Barock zu. Bei Gryphius handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Der Begriff Barock stammt vom portugiesischen Wort „barroco“ ab und bedeutet so viel wie „schiefrunde Perle“. Die Bezeichnung für barock im Sinne eines Adjektivs wurde zunächst abwertend gebraucht. Der Begriff Barock als Bezeichnung für eine Epoche konnte sich erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts durchsetzen und gibt der Literaturepoche im Zeitraum zwischen 1600 und 1720 den Namen. Der Dreißigjährige Krieg gilt als das maßgebende Bezugselement des Barocks. Der Dreißigjährige Krieg hinterließ ein wirtschaftlich, politisch und kulturell verfallenes Deutsches Reich. Aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen wurden ganze Landstriche entvölkert. So wurden Gewalt, Tod und Zerstörung zum Teil des Alltags der Menschen der damaligen Zeit. Schwere Hungersnöte und Seuchen, wie die Pest, verschlimmerten die Situation der Bevölkerung weiter. Allein der Ausbruch der Pest reduzierte die Bevölkerung um ein Drittel. Die Lyrik des Barocks ist im Wesentlichen von drei Leitmotiven (Memento mori, Vanitas, Carpe diem) bestimmt, die die Lebenseinstellung der Menschen beschreiben. Vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges war der Alltag der Menschen von Gewalt und Zerstörung bestimmt. Alle diese Motive setzen sich auf unterschiedliche Weise mit der weitverbreiteten Angst vor dem Tod und seinen Auswirkungen auseinander. In Deutschland führte der Barock zu einer Ablösung des Lateinischen im Schriftwerk - einschließlich der wissenschaftlichen und philosophischen Literatur - durch das Deutsche. Zu den berühmtesten Lyrikern des Barocks gehören: Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Martin Opitz, Casper von Lohenstein, Caspar Ziegler und Paul Fleming.

Das vorliegende Gedicht umfasst 125 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 14 Versen. Der Dichter Andreas Gryphius ist auch der Autor für Gedichte wie „Abend“, „An Eugenien“ und „An Gott den Heiligen Geist“. Zum Autor des Gedichtes „Grabschrifft eines trefflichen Vorsprechers“ haben wir auf abi-pur.de weitere 463 Gedichte veröffentlicht.

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