Golgatha von Heinrich Kämpchen

Auf der Haide wüst und grau,
Ohne Dach und ohne Wand,
Liegt ein alter Zechenbau ¹),
„Golgatha“ auch zubenannt. –
 
Golgatha, ein treffend Wort,
Das der Knappenmund geprägt –
Hat doch mancher Schädel dort
Sich gar früh zur Ruh’ gelegt. –
 
Aber nicht allein nur du,
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Schädelstätte auf der Heid’,
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Gabst dem Bergmann frühe Ruh
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Und den Schlaf der Ewigkeit. –
 
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Nein, es türmet sich ein Wall
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Solcher Orte ringsum hier –
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„Schädelstätten“ sind sie all’,
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Uns’re Gruben im Revier. –
 
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Schädelstätten schlimmster Not,
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Ja, ich halt’ das Wort in Kraft,
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Schädelstätten, wo der Tod
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Täglich seine Opfer rafft. –
 
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Und doch, Knappe, mußt du fort,
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Denn das Elend treibt dich ja,
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Nach dem fluchbelad’nen Ort,
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Nach dem düstern Golgatha. –
 
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Mußt tagtäglich für und für
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Weiter fronen müd und matt,
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Bis sich auch für dich die Tür
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Auftut zu der Grabesstatt. –
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Golgatha“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
135
Entstehungsjahr
1909
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Golgatha“ wurde von Heinrich Kämpchen verfasst, einem deutschen Schriftsteller des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Sein Werk widerspiegelt die sozialen und arbeitsbedingten Schwierigkeiten seiner Zeit und fällt in die Epoche des Naturalismus, der von einer realistischen und oft schonungslosen Darstellung von Realität geprägt ist.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht düster und melancholisch. Es thematisiert das harte Leben der Bergarbeiter („Knappen“) und den Gefahren, denen sie täglich ausgesetzt waren. Der Name „Golgatha“, den die Arbeiter einem alten, verlassenen Zechenbau gegeben haben, ist eine Anspielung auf den Ort, an dem Jesus Christus gekreuzigt wurde, was ein Bild von Leiden, Tod und Opfer hervorruft.

Das lyrische Ich beschreibt den Ort als verlassen, grau und heruntergekommen („wüst“, „ohne Dach und ohne Wand“) und verweist darauf, dass viele Arbeiter hier „früh zur Ruh’“ gelegt wurden, also jung gestorben sind. Es thematisiert das allgegenwärtige Risiko des Bergbaus, wobei „Golgatha“ als Inbegriff aller gefährlichen Arbeitsorte steht. Das lyrische Ich betont, dass die Arbeiter nicht aus freien Stücken, sondern aus Not zu diesem gefährlichen Ort gehen müssen.

Formal besteht das Gedicht aus sieben Strophen mit jeweils vier Versen. Der Reim folgt einem klaren Muster (Kreuzreim), und die Sprache ist einfach und unverschnörkelt, was den robusten und rauen Charakter des Bergarbeiterlebens widerspiegelt. Der häufige Gebrauch von Diminutiven („Knappenmund“, „Schädelstätte“) erzeugt jedoch eine gewisse Schärfe und Spott gegenüber der Gefahr und harten Arbeitsbedingungen.

Insbesondere das Wort „Schädelstätten“ zieht sich wie ein roter Faden durch das Gedicht und betont die tödliche Gefahr, die mit der Arbeit im Bergbau verbunden war. Gleichzeitig weist es auf die verbreitete Entwertung und das Leid der Arbeiter hin.

Insgesamt ist das Gedicht eine scharfe und sozialkritische Darstellung der Arbeitsbedingungen im Bergbau zur Zeit des Naturalismus, die die Ausbeutung und die Ungleichheit der Arbeiterklasse in den Fokus rückt. Es kritisiert die gesellschaftlichen Umstände, die die Arbeiter in eine solche Situation zwingen und zeigt die tödlichen Gefahren, denen sie ausgesetzt waren, auf.

Weitere Informationen

Heinrich Kämpchen ist der Autor des Gedichtes „Golgatha“. Geboren wurde Kämpchen im Jahr 1847 in Altendorf an der Ruhr. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1909 zurück. Erschienen ist der Text in Bochum. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das vorliegende Gedicht umfasst 135 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Der Dichter Heinrich Kämpchen ist auch der Autor für Gedichte wie „Abendläuten“, „Altendorf“ und „Am Gemündener Maar“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Golgatha“ weitere 165 Gedichte vor.

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