Kühl und hart von Franz Kafka

Kühl und hart ist der heutige Tag.
Die Wolken erstarren.
Die Winde sind zerrende Taue.
Die Menschen erstarren.
Die Schritte klingen metallen
Auf erzenen Steinen,
Und die Augen schauen
Weite weiße Seen.
 
In dem alten Städtchen stehn
10 
Kleine helle Weihnachtshäuschen,
11 
Ihre bunte Scheiben sehn
12 
Auf das schneeverwehte Plätzchen.
13 
Auf dem Mondlichtplatze geht
14 
Still ein Mann im Schnee fürbaß,
15 
Seinen großen Schatten weht
16 
Der Wind die Häuschen hinauf.
 
17 
Menschen, die über dunkle Brücken gehn,
18 
vorüber an Heiligen
19 
mit matten Lichtlein.
 
20 
Wolken, die über grauen Himmel ziehn
21 
vorüber an Kirchen
22 
mit verdämmernden Türmen.
23 
Einer, der an der Quaderbrüstung lehnt
24 
und in das Abendwasser schaut,
25 
die Hände auf alten Steinen.

Aus einem Brief Kafkas (9. November 1903), in dem er als Zwanzigjähriger seinem Schulfreund Oskar Pollak von einigen Versen schreibt, die er in guten Stunden lesen möge

Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Kühl und hart“

Autor
Franz Kafka
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
25
Anzahl Wörter
107
Entstehungsjahr
1883 - 1924
Epoche
Expressionismus,
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „Kühl und hart“ ist Franz Kafka. Der Autor Franz Kafka wurde 1883 in Prag geboren. Zwischen den Jahren 1899 und 1924 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Expressionismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Kafka ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Die wichtigsten geschichtlichen Einflüsse auf die Literatur der Weimarer Republik waren der Erste Weltkrieg, der von 1914 bis 1918 andauerte, und die daraufhin folgende Entstehung und der Fall der Weimarer Republik. Das wohl bedeutendste Merkmal der Literatur in der Weimarer Republik ist die Neue Sachlichkeit, die so heißt, da sie schlicht, klar, sachlich und hoch politisch ist. Die Literatur dieser Zeit war nüchtern und realistisch. Ebenso stellt sie die moderne Gesellschaft kühl distanziert, beobachtend, dokumentarisch und exakt dar. Die Schriftsteller der Literaturepoche wollten so viele Menschen wie möglich mit ihren Texten erreichen, deshalb wurde eine einfache und nüchterne Alltagssprache verwendet. Die Freiheit von Wort und Schrift war zwar verfassungsmäßig garantiert, doch bereits 1922 wurde nach der Ermordung von Walter Rathenau das Republikschutzgesetz erlassen, das diese Freiheit wieder einschränkte. Viele Schriftsteller litten unter dieser Zensur. Dieses Gesetz wurde in der Praxis nur gegen linke Autoren angewandt, nicht aber gegen rechte, die zum Beispiel in ihren Werken offen Gewalt verherrlichten. Das 1926 erlassene Schund- und Schmutzgesetz setze den Schriftstellern dieser Zeit noch mal verstärkt Grenzen. 1931 trat die Pressenotverordnung in Kraft, dadurch waren die Beschlagnahmung von Schriften und das Verbot von Zeitungen über mehrere Monate hinweg möglich geworden.

Das 107 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 25 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Franz Kafka sind „Lass doch die Zukunft schlafen“, „Sechzehnter Januar“ und „Kleine Fabel“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Kühl und hart“ weitere 10 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Franz Kafka

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Franz Kafka und seinem Gedicht „Kühl und hart“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Franz Kafka (Infos zum Autor)

Zum Autor Franz Kafka sind auf abi-pur.de 10 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.