Glückliches Haus von Hugo von Hofmannsthal
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Auf einem offenen Altane sang |
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Ein Greise orgelspielend gegen Himmel, |
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Indes auf einer Tenne, ihm zu Füßen, |
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Der schlanke mit dem bärtigen Enkel focht, |
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Daß durch den reinen Schaft des Oleanders |
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Ein Zittern aufwärtslief; allein ein Vogel |
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Still in der Krone blütevollem Schein |
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Floh nicht und äugte klugen Blicks herab. |
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Auf dem behauenen Rand des Brunnens aber |
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Die junge Frau gab ihrem Kind die Brust. |
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Allein der Wanderer, dem die Straße sich |
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Entlang der Tenne ums Gemäuer bog, |
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Warf hinter sich den einen Blick des Fremden |
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Und trug in sich – gleich jener Abendwolke |
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Entschwebend, über stillem Fluß und Wald – |
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Das wundervolle Bild des Friedens fort. |
Details zum Gedicht „Glückliches Haus“
Hugo von Hofmannsthal
2
16
105
1906
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht, das wir hier interpretieren, ist „Glückliches Haus“ von Hugo von Hofmannsthal, der von 1874 bis 1929 lebte. Hofmannsthal war ein österreichischer Schriftsteller, Dramatiker, Librettist und Dichter, der für seinen Beitrag zur „Wiener Moderne“ am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt ist.
Auf den ersten Blick präsentiert das Gedicht eine idyllische und friedvolle Szenerie, die von Harmonie und Glück geprägt ist. Das Gedicht gibt ein Bild des einfachen, friedlichen Alltagslebens in einem Haus wieder, in dem Generationen unter einem Dach leben: Es gibt den alten Musiker („ein Greise orgelspielend“), den jüngeren Mann, der mit dem Enkel spielt („der schlanke mit dem bärtigen Enkel“), und die junge Mutter“, die ihr Kind stillt („die junge Frau gab ihrem Kind die Brust“).
Das lyrische Ich scheint ein einfacher Beobachter oder Wanderer zu sein („der Wanderer, dem die Straße sich entlang der Tenne ums Gemäuer bog“), der einen Blick auf dieses friedliche Familienszenario wirft und es in Gedanken mitnimmt („trug in sich das wundervolle Bild des Friedens fort“). Es lässt den Eindruck einer friedvollen und stabilen Welt entstehen, die im Kontrast zur komplexen und chaotischen Außenwelt steht, die wir oft erleben.
Das Gedicht hat eine einfache Form mit zwei Strophen und insgesamt 16 Versen. Die Sprache ist bildlich und malerisch, voller lebendiger Bilder, die alle Sinne ansprechen und den Leser in die ruhige und friedliche Szene hineinziehen. Es nutzt Metaphern und Vergleiche, um Gefühle und Gedanken zu vermitteln, wie zum Beispiel, den Vergleich des Wanderers mit der Abendwolke („gleich jener Abendwolke entschwebend“).
Hofmannsthals Stil ist typisch für die literarische Epoche der Moderne, in der Schriftsteller die konkrete Realität hinter sich ließen und stattdessen nach einer tieferen, mehrdeutigen und subjektiven Wahrheit suchten. Hier wird das Gedicht einem höheren Ideal von Ruhe und Harmonie zugeordnet, das im Kontrast zur modernen, industrialisierten Welt steht und hervorhebt, wie wichtig das einfache und friedliche Familienleben ist.
Abschließend könnte man sagen, dass „Glückliches Haus“ ein Gedicht ist, das den Leser einlädt, die Schönheit und Frieden in den einfachen Aspekten des Lebens zu schätzen und zu genießen, und betont dabei die Wichtigkeit der Familie und die Unvergänglichkeit der Liebe und Harmonie in einer sich verändernden Welt.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Glückliches Haus“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Hugo von Hofmannsthal. Hofmannsthal wurde im Jahr 1874 in Wien geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1906 entstanden. In Leipzig ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Hofmannsthal ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 105 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Hugo von Hofmannsthal ist auch der Autor für Gedichte wie „Botschaft“, „Dein Antlitz...“ und „Der Jüngling in der Landshaft“. Zum Autor des Gedichtes „Glückliches Haus“ haben wir auf abi-pur.de weitere 40 Gedichte veröffentlicht.
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