Consilium Medicum von Franz Grillparzer

1	Frau Poesie war krank.
2	Verwitwet schon seit manchem Jahr,
3	Wuchs scheinbar stündlich die Gefahr.
4	Die Stirne heiß,
5	Die Zunge weiß,
6	Die Haut bald Frost und bald in Schweiß,
7	Im ganzen Leib ein schmerzlich Jucken,
8	Von Krämpfen alle Nerven zucken.
9	Obschon noch rüstig und nicht alt,
10	Schien nah des Todes Nachtgewalt.
11	Doctores kommen von allen Seiten,
12	Die erst sich begrüßen und dann bestreiten,
13	Hippokratisch,
14	Homöopathisch,
15	Allopathisch,
16	Hydropathisch,
17	Antipathisch,
18	Philosophisch gebrüstet,
19	Historisch gerüstet,
20	Dogmatisch, kritisch,
21	Klassisch, britisch;
22	Schreiben Rezepte in langen Zeilen,
23	Umsonst! die Kranke war nicht zu heilen.
24	Da kam ein Bader vom Land herein,
25	Besieht die Kranke beim Tagesschein,
26	Erforscht den Puls, die Zunge auch,
27	Befühlt die Weichen und den Bauch,
28	Zuletzt hebt er mit Lachen an:
29	Die Wissenschaft hier wenig kann,
30	Der guten Dame fehlt ein Mann.

Details zum Gedicht „Consilium Medicum“

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Consilium Medicum“ des Autors Franz Grillparzer. Der Autor Franz Grillparzer wurde 1791 in Wien geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1807 und 1872. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Biedermeier oder Realismus zugeordnet werden. Bei Grillparzer handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 128 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 30 Versen. Franz Grillparzer ist auch der Autor für Gedichte wie „Am Morgen nach einem Sturm“, „An einen Freund“ und „Beethoven“. Zum Autor des Gedichtes „Consilium Medicum“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 300 Gedichte vor.

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