Glauben von Paul Haller

Brüder, was wir zagend lieben,
Was das Herz wie Sturm bewegt,
Nicht in Büchern steht’s geschrieben,
Wie’s auch keinen Namen trägt.
 
Bergwind gleich von Gletscherwänden,
Streicht es frisch von Geist zu Geist;
Unsichtbaren Gotteshänden
Danken wir, die uns gespeist.
 
Draußen, wo durch Völkergarben
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Erntemüd die Sichel mäht,
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Ringt um Tausende, die starben,
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Wunder Mütter Schmerzgebet.
 
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Aber hier im stillen Lande
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Klingt’s aus jedes Kindes Gruß,
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Daß die Welt, die weitverbannte
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Einst die Heimat finden muß.
 
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Daß ihr düster Traumesauge
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Noch in Freude soll erblühn;
19 
Daß sie noch zum Feuer tauge,
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Licht ins dunkle All zu sprühn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Glauben“

Autor
Paul Haller
Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
99
Entstehungsjahr
nach 1898
Epoche
Naturalismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Glauben“ und wurde von Paul Haller, einem schweizerischen Schriftsteller, verfasst. Haller wurde 1882 geboren und starb 1920, daher ist das Gedicht vermutlich im ausgehenden 19. oder frühen 20. Jahrhundert entstanden.

Bereits beim ersten Lesen fällt die intensive, teils mystische und metaphernreiche Sprache des Gedichtes auf. Eine unterschwellige religiöse Tonalität und eine tiefe Verbundenheit mit der Natur scheinen das Leitmotiv des Werkes zu sein.

Im Wesentlichen reflektiert das lyrische Ich im Gedicht eine tiefgreifende, existentialistische und metaphysische Erkenntnis. Die ersten vier Verse weisen auf eine innere Überzeugung hin, die so stark ist, dass sie das Herz bewegt, aber zu abstrakt ist, um sie in Worte zu fassen oder in Büchern festzuhalten.

Die nächsten vier Zeilen setzen diese Gedanken fort und liefern eine sinnbildliche Beschreibung dieser abstrakten Vorstellung. Die metaphorischen 'Gletscherwinde' könnten als kühle, klare Einsicht interpretiert werden, die von Geist zu Geist streicht. Die „unsichtbaren Gotteshände“, für die das lyrische Ich dankt, drücken eine Verbundenheit mit einer höheren Macht aus und dass dieses Bewusstsein sie geistig „speist“.

Im weiteren Verlauf des Gedichts zeigt sich das lyrische Ich tief bewegt von der Welt und spürt sowohl das Leid (dargestellt durch „Mütter Schmerzgebet“ und „Erntemüd die Sichel mäht“) als auch die Hoffnung („jedes Kindes Gruß“). Die letzten vier Zeilen sind eine ersichtliche Manifestation dieser Hoffnung, dass aus Dunkelheit letztlich Licht und Freude hervorgehen soll.

Formal zeichnet sich das Gedicht durch die klare Gliederung in rein quatrainischen, Vier-Zeiligen-Strophen aus, bei denen das Reimschema abcb domininiert. Die Sprache ist lyrisch und bildreich mit zahlreichen Metaphern und sprachlichen Bildern. Haller nutzt Natur- und Flächensymbolik intensiv und verwebt sie mit christlicher Symbolik und spirituellen Elementen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Gedicht „Glauben“ von Paul Haller eine tiefe Reflexion über Spiritualität, Glauben und Hoffnung darstellt und dabei auf eine starke Verbundenheit mit der Welt und einer metaphysischen Dimension hinweist.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Glauben“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Paul Haller. Haller wurde im Jahr 1882 in Rein bei Brugg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1898 und 1920. Erschienen ist der Text in Aarau. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Naturalismus zu. Bei Haller handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 99 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Paul Haller sind „Abseits (Haller)“, „Adie Wält“ und „An die Mutter“. Zum Autor des Gedichtes „Glauben“ haben wir auf abi-pur.de weitere 65 Gedichte veröffentlicht.

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