Gewitter von Heinrich Heine

Dumpf liegt auf dem Meer’ das Gewitter,
Und durch die schwarze Wolkenwand
Zuckt der zackige Wetterstrahl,
Rasch aufleuchtend und rasch verschwindend,
Wie’n Witz aus dem Haupte Kronions.
Ueber das wüste, wogende Wasser
Weithin rollen die Donner
Und springen die weißen Wellenrosse,
Die Boreas selber gezeugt
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Mit des Erichthons reizenden Stuten,
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Und es flattert ängstlich das Seegevögel,
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Wie Schattenleichen am Styx,
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Die Charon abwies vom nächtlichen Kahn.
 
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Armes, lustiges Schifflein,
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Das dort dahintanzt den schlimmsten Tanz!
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Aeolus schickt ihm die flinksten Gesellen,
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Die wild aufspielen zum fröhlichen Reigen;
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Der Eine pfeift, der Andre bläst,
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Der Dritte streicht den dumpfen Brummbaß –
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Und der schwankende Seemann steht am Steuer,
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Und schaut beständig nach der Bussole,
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Der zitternden Seele des Schiffes,
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Und hebt die Hände flehend zum Himmel:
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O rette mich, Kastor, reisiger Held,
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Und Du, Kämpfer der Faust, Polydeukes!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Gewitter“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
25
Anzahl Wörter
137
Entstehungsjahr
1825–1826
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Heinrich Heine ist der Autor des Gedichts „Gewitter“. Dieser deutsche Dichter lebte im 19. Jahrhundert, und das Gedicht folgt den lyrischen und romantischen Strömungen dieser Epoche.

Das Gedicht erweckt auf den ersten Blick das Bild eines gewaltigen Meeressturms. Es vermittelt das Gefühl von Chaos und Angst, aber auch von einer gewissen Respektlosigkeit und Spielerei angesichts der gewaltigen Macht der Natur.

Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich zunächst das Unwetter mit seinen Blitz- und Donnerschlägen, großen Wellen und nervösen Seevögeln in der ersten Strophe. Es zieht Parallelen zur griechischen Mythologie, indem es Zeus (Kronion), Boreas, Erichthon, Schattenleichen am Styx und Charon nennt. Dies verleiht dem Sturm eine übermenschliche, fast göttliche Präsenz.

Die zweite Strophe fokussiert auf ein kleines Schiff inmitten des Sturms, das den „schlimmsten Tanz“ auf See durchlebt. Es wird personifiziert als „armes, lustiges Schifflein“ und seine Seele ist die Kompassnadel der Bussole. Der besorgte Seemann am Steuer ruft die antiken Helden Kastor und Polydeukes (Pollux), die als Beschützer der Seefahrer verehrt wurden, um Rettung an.

In Bezug auf die Form und Sprache bestehen die Strophen aus Versen mit unterschiedlicher Länge. Die Sprache ist bildhaft und metaphorisch mit Anspielungen auf die antike Mythologie. Das lyrische Ich verwendet die Personifikation, um natürliche Phänomene wie das Meer und das Schiff lebendig zum Ausdruck zu bringen. Entgegen Heines üblichen Gebrauch von Reimen, ist dieses Gedicht in freien Versen geschrieben. Das erzeugt ein Gefühl von Chaos und Unvorhersehbarkeit, was perfekt zum Thema des Gedichts, einem Gewittersturm, passt.

Die Verwendung von antiken Namen und Referenzen deutet an, dass der Autor nicht nur eine naturwissenschaftliche, sondern auch eine kulturelle und historische Perspektive in sein Werk einflicht. Dabei artikuliert das Gedicht auf poetische Weise die Auseinandersetzung des Menschen mit mächtigen natürlichen Phänomenen und den zugleich respektvollen und hoffnungsvollen Zugang zum Umgang mit diesen Kräften.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Gewitter“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Heinrich Heine. 1797 wurde Heine in Düsseldorf geboren. 1826 ist das Gedicht entstanden. Hamburg ist der Erscheinungsort des Textes. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Der Schriftsteller Heine ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 137 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 25 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Heinrich Heine sind „Alte Rose“, „Altes Lied“ und „Am Golfe von Biskaya“. Zum Autor des Gedichtes „Gewitter“ haben wir auf abi-pur.de weitere 535 Gedichte veröffentlicht.

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