Ganz und gar von Charles Baudelaire

Der Böse kam diesen morgen
In mein hohes verliess
Mich auf einer sünde zu treffen
Und fragte: »weisst du wol dies:
 
Von allen den schönen dingen
Aus denen ihr zauber weht ·
Den rosa und schwarzen zierden
Aus denen ihr reiz besteht ·
 
Was ist das schönste?« O seele!
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Du gabst dem verwünschten zurück:
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»Wo alles zum wunder geworden
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Gebührt da ein vorzug dem stück?
 
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Wo alles mich hinreisst vergess ich
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Dass eines besonders mir lacht.
15 
Sie strahlt wie die morgenröte ·
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Sie spendet trost wie die nacht.
 
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So zart und fein ist der einklang
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Der in ihrem körper regiert
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Dass ohnmachtig die zersetzung
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Die einzelnen takte verliert.
 
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Verwandlung und wunder! die sinne
22 
Zu einem sinn entflohn!
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Verbreitet den duft ihre stimme:
24 
Verbreitet ihr atem den ton.«
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Ganz und gar“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
124
Entstehungsjahr
nach 1837
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Ganz und gar“ ist von Charles Baudelaire, einem französischen Dichter des 19. Jahrhunderts (geboren am 9. April 1821 und verstorben am 31. August 1867). Als bedeutender Vertreter des literarischen Symbolismus ist Baudelaires Werk insbesondere im Kontext dieser Epoche zu betrachten.

Beim ersten Eindruck vermittelt das Gedicht eine dunkle, geheimnisvolle Atmosphäre. Die Begegnung mit dem Bösen und die Rede von Sünde und Zersetzung erzeugen ein Gefühl von Gefahr und Bedrohung, während die Beschreibung von Schönheit und Zauber eine Atmosphäre der Verzauberung schafft.

Inhaltlich handelt das Gedicht von einer Begegnung des lyrischen Ichs mit dem Bösen, das ihn in seinem Gefängnis, seinem „hohen Verlies“, zu treffen sucht. Das Böse will von ihm wissen, was das Schönste an all den Dingen ist, die sich durch Rosa und Schwarze Zierden auszeichnen. Die Seele des lyrischen Ichs weist ihm entgegen, dass es keinen Vorzug gibt, wenn alles wunderbar ist. Alles reißt das lyrische Ich hin und lässt bei ihm kein Bewusstsein von besonderer Schönheit aufkommen. Die Schönheit gibt ihm Trost wie die Nacht und sie strahlt wie die Morgenröte. Die Harmonie des Schönen, die die Zersetzung ohnmächtig lässt, wird schließlich dargeboten. Die Sinne verschmelzen zu einem Sinn und in ihrem Duft verbreitet sich ihre Stimme und ihr Atem den Ton.

Die Aussage des lyrischen Ichs kann als Überwindung des Dualismus von Gut und Böse interpretiert werden und als Lobpreisung der totalen Schönheit, die durch die rauschhafte Verschmelzung aller Sinne erreicht wird. Dies entspricht der symbolistischen Idee der Überschreitung der Grenzen der Erfahrung durch die mystische Einheit von sinnlicher und intellektueller Wahrnehmung.

Das Gedicht besteht aus sechs Strophen von je vier Versen, in einem regelmäßigen Versmaß. Die Sprache des Gedichts ist durch einen stilisierten, gehobenen Duktus gekennzeichnet, der durch den Gebrauch altertümlicher Formulierungen unterstützt wird. Trotz der dunklen Thematik ist die Sprache klang- und bildreich und von einer starken emotionalen Intensität geprägt, die dem Leser den Eindruck tiefer, rätselhafter Schönheit vermittelt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Ganz und gar“ ist Charles Baudelaire. Baudelaire wurde im Jahr 1821 in Paris geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1837 und 1867. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 124 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Charles Baudelaire ist auch der Autor für Gedichte wie „Abendeinklang“, „An Theodor von Banville“ und „Anheimfall“. Zum Autor des Gedichtes „Ganz und gar“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 101 Gedichte vor.

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