Prolog von Klabund

Der Föhn braust brodelnd durch das Land,
Hat Bäume knackend umgerannt,
Nie hört ich einen tollern
Lärm. Der See zischt weißlich auf,
Der Hahn singt auf des Kirchturms Knauf,
Dumpf die Lawinen kollern.
 
Laß Haus und Mann und Kind in Ruh.
Der Föhn ist wie mein Odem,
Du,
10 
Weib, wirf mich auf den Boden!
 
11 
Der Sturm schweißt uns zu einem Sein
12 
Und mischt uns mit den Wettern.
13 
Im Nächtegraus, im Morgenschein
14 
Wird zwei zu eins und eins zu zwein
15 
Den Nebelberg erklettern.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.9 KB)

Details zum Gedicht „Prolog“

Autor
Klabund
Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
15
Anzahl Wörter
82
Entstehungsjahr
1913
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Prolog“ stammt von dem Dichter Alfred Henschke, welcher unter dem Pseudonym Klabund schrieb. Klabund lebte von 1890 bis 1928 und wird der Epoche des Expressionismus zugeordnet, einer kunstgeschichtlichen Periode, die in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg begann und bis etwa 1925 dauerte.

Beim ersten Lesen des Gedichts scheint es, als wäre der Hauptprotaonist der Föhn, ein warmer, trockener Wind, der eine fast gewaltige Präsenz in der Landschaft zu haben scheint. Aber weiter in der Lektüre, macht das lyrische Ich sein Auftreten, und offenbart eine tiefe Verbindung zu dieser Naturgewalt.

Inhaltlich übersetzt, beschreibt das lyrische Ich in der ersten Strophe das unsanfte Wirken des Föhnwindes auf die Umgebung. Im zweiten Teil der ersten Strophe wird die Umgebung noch genauer beschrieben: der Wind braust über den See, erweckt den Hahn zum Singen und lässt Lawinen kollern. In der zweiten Strophe wird das Gegenüber, eine Frau, direkt angesprochen und aufgefordert, ihre normalen Lebensumstände hinter sich zu lassen. Das lyrische Ich vergleicht sich oder seinen Atem mit dem Föhn, und lässt ein Gefühl von Widerspenstigkeit und Ungezähmtheit durchblicken. In der dritten Strophe wird die Verschmelzung des lyrischen Ich und des Gegenübers durch den Sturm beschrieben.

Formal betrachtet besteht das Gedicht aus drei Strophen unterschiedlicher Länge mit relativ klarer, wenn auch unregelmäßiger Versstruktur. Auffällig ist die ausschweifende, bildhafte Sprache, typisch für den Expressionismus. Gleichzeitig wird sprachlich eine scharfe Zweiteilung vollzogen: Die erste Strophe beschreibt sehr detailliert die Auswirkungen des Windes auf die Umgebung, während die zweite und dritte Strophe die Auswirkungen des Windes bzw. des Wetters auf die Gefühlswelt und zwischenmenschlichen Beziehungen thematisieren.

Alles in allem kann das Gedicht als Ausdruck der Suche nach intensiven, auch wilden und gewaltsamen Emotionen verstanden werden – ein Merkmal des Expressionismus, der das Unmittelbare, Authentische und Extreme in den Vordergrund stellte. Es ist auch Ausdruck der Naturverbundenheit und des Wunsches des lyrischen Ichs, sich der Naturgewalt hinzugeben, und ebenso eine Metapher für seine Beziehung zu der angesprochenen Frau.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Prolog“ ist Klabund. Der Autor Klabund wurde 1890 in Crossen an der Oder geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1913 zurück. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 82 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 15 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Die Gedichte „Berliner Mittelstandsbegräbnis“, „Berliner in Italien“ und „Blumentag“ sind weitere Werke des Autors Klabund. Zum Autor des Gedichtes „Prolog“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 139 Gedichte vor.

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