Hegire von Johann Wolfgang von Goethe

Nord und West und Süd zersplittern,
Throne bersten, Reiche zittern,
Flüchte du, im reinen Osten
Patriarchenluft zu kosten,
Unter Lieben, Trinken, Singen
Soll dich Chisers Quell verjüngen.
 
Dort, im Reinen und im Rechten,
Will ich menschlichen Geschlechten
In des Ursprungs Tiefe dringen,
10 
Wo sie noch von Gott empfingen
11 
Himmelslehr in Erdesprachen
12 
Und sich nicht den Kopf zerbrachen.
 
13 
Wo sie Väter hoch verehrten,
14 
Jeden fremden Dienst verwehrten;
15 
Will mich freun der Jugendschranke:
16 
Glaube weit, eng der Gedanke,
17 
Wie das Wort so wichtig dort war,
18 
Weil es ein gesprochen Wort war.
 
19 
Will mich unter Hirten mischen,
20 
An Oasen mich erfrischen,
21 
Wenn mit Karawanen wandle,
22 
Schal, Kaffee und Moschus handle;
23 
Jeden Pfad will ich betreten
24 
Von der Wüste zu den Städten.
 
25 
Bösen Felsweg auf und nieder
26 
Trösten, Hafis, deine Lieder,
27 
Wenn der Führer mit Entzücken
28 
Von des Maultiers hohem Rücken
29 
Singt, die Sterne zu erwecken
30 
Und die Räuber zu erschrecken.
 
31 
Will in Bädern und in Schenken,
32 
Heil'ger Hafis, dein gedenken,
33 
Wenn den Schleier Liebchen lüftet,
34 
Schüttelnd Ambralocken düftet.
35 
Ja, des Dichters Liebeflüstern
36 
Mache selbst die Huris lüstern.
 
37 
Wolltet ihr ihm dies beneiden
38 
Oder etwa gar verleiden,
39 
Wisset nur, daß Dichterworte
40 
Um des Paradieses Pforte
41 
Immer leise klopfend schweben,
42 
Sich erbittend ew'ges Leben.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.7 KB)

Details zum Gedicht „Hegire“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
42
Anzahl Wörter
199
Entstehungsjahr
1749 - 1832
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Johann Wolfgang von Goethe ist der Autor des Gedichtes „Hegire“. 1749 wurde Goethe in Frankfurt am Main geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1765 und 1832. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Goethe ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Epochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren von 1765 bis 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Die wesentlichen Merkmale des Sturm und Drang lassen sich als ein Auflehnen oder Rebellieren gegen die Aufklärung zusammenfassen. Das philosophische und literarische Leben in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die Literatur sollten dadurch maßgeblich beeinflusst werden. Die Vertreter waren meistens junge Autoren, zumeist nicht älter als 30 Jahre. Die Schriftsteller versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Goethe, Schiller und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der deutschen Literaturgeschichte, die von zwei zentralen Dichtern geprägt wurde: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die Literaturepoche beginnt 1786 mit Goethes Italienreise und endet 1832 mit dem Tod Goethes. Es gibt aber auch zeitliche Eingrenzungen, die die gemeinsame Schaffenszeit der beiden befreundeten Dichter Goethe und Schiller von 1794 bis zu Schillers Tod 1805 als Weimarer Klassik festlegen. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. Statt auf Widerspruch und Konfrontation wie noch in der Aufklärung oder im Sturm und Drang strebte die Klassik nach Harmonie. Die wichtigsten Werte sind Toleranz und Menschlichkeit. Die Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Ziel der Literaturepoche der Klassik war es die ästhetische Erziehung des Menschen zu einer „charakterschönen“ Persönlichkeit voranzutreiben. In der Gestaltung wurde das Gültige, Gesetzmäßige, Wesentliche aber auch der Ausgleich und die Harmonie gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache oftmals derb und roh ist, bleibt die Sprache in der Weimarer Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Die populärsten Schriftsteller der Klassik sind Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe. Weitere Schriftsteller der Klassik sind Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Die beiden letztgenannten arbeiteten jeweils für sich. Einen konstruktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller.

Das vorliegende Gedicht umfasst 199 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 42 Versen. Weitere Werke des Dichters Johann Wolfgang von Goethe sind „An Lida“, „An den Mond“ und „An den Schlaf“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Hegire“ weitere 1617 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Johann Wolfgang von Goethe

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Johann Wolfgang von Goethe und seinem Gedicht „Hegire“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Johann Wolfgang von Goethe (Infos zum Autor)

Zum Autor Johann Wolfgang von Goethe sind auf abi-pur.de 1617 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.