Fuchs und Gans von Wilhelm Busch
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Es war die erste Maiennacht. |
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Kein Mensch im Dorf hat mehr gewacht. |
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Da hielten, wie es stets der Fall, |
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Die Tiere ihren Frühlingsball. |
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Die Gans, die gute Adelheid, |
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Fehlt nie bei solcher Festlichkeit. |
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Obgleich man sie nach altem Brauch |
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Zu necken pflegt. So heute auch. |
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Frau Schnabel, nannte sie der Kater, |
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Frau Plattfuß, rief der Ziegenvater; |
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Doch sie, zwar lächelnd aber kühl, |
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Hüllt sich in sanftes Selbstgefühl. |
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So saß sie denn in ödem Schweigen |
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Allein für sich bei Spiel und Reigen, |
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Bei Freudenlärm und Jubeljux. |
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Sieh da, zum Schluß hat auch der Fuchs |
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Sich ungeladen eingedrängelt. |
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Schlau hat er sich herangeschlängelt. |
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Ihr Diener, säuselt er galant, |
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Wie geht’s der Schönsten in Brabant? |
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Ich küss der gnädgen Frau den Fittich. |
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Ist noch ein Tänzchen frei, so bitt ich. |
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Sie nickt verschämt: O Herr Baron! |
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Indem so walzen sie auch schon. |
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Wie trippeln die Füße, wie wippeln die Schwänze |
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Im lustigen Kehraus, dem letzten der Tänze. |
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Da tönt es vier mit lautem Schlag. |
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Das Fest ist aus. Es naht der Tag. – |
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Bald drauf, im frühsten Morgenschimmer, |
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Ging Mutter Urschel aus, wie immer, |
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Mit Korb und Sichel, um verstohlen |
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Sich etwas fremden Klee zu holen. |
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An einer Hecke bleibt sie stehn: |
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Herrje, was ist denn hier geschehn? |
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Die Füchse, sag ich, soll man rädern. |
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Das sind wahrhaftig Gänsefedern. |
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Ein frisches Ei liegt dicht daneben. |
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Ich bin so frei es aufzuheben. |
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Ach, armes Tier, sprach sie bewegt, |
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Dies Ei hast du vor Angst gelegt. |
Details zum Gedicht „Fuchs und Gans“
Wilhelm Busch
9
40
241
nach 1848
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Fuchs und Gans“ wurde von Wilhelm Busch verfasst, einem deutschen Dichter und Zeichner, der vor allem für seine humorvollen, oft bissigen und gesellschaftskritischen Verse bekannt ist. Busch lebte von 1832 bis 1908, daher kann das Gedicht in die Epoche des Realismus eingeordnet werden.
Beim ersten Lesen des Gedichts entsteht ein lebhaftes Bild einer fröhlichen Versammlung von Tieren, die in der ersten Maitnacht ihren Frühlingsball feiern. Die Hauptprotagonisten sind die Gans Adelheid und der Fuchs, die beide unterschiedliche Ziele verfolgen und diesen auf unterschiedliche Weise nachgehen.
Im Grunde erzählt das Gedicht die Geschichte von einer Gans namens Adelheid, die an einer Tiersozialveranstaltung teilnimmt, obwohl sie weiß, dass sie oft das Ziel von Neckereien ist. Die anderen Tiere machen sich über sie lustig, dennoch bleibt sie gelassen und erhält ihre Würde. Ungebeten schleicht sich ein Fuchs in die Veranstaltung und versucht, sie mit glatten Worten zu umwerben. Adelheid wird von seinen charmanten Worten mitgenommen und tanzt mit ihm. Am nächsten Morgen wird dann deutlich, dass der Fuchs sie gefressen hat und nur Federn und ein Ei (vermutlich aus Angst gelegt) zurückgelassen hat.
Das lyrische Ich, das die Geschichte erzählt, scheint eine neutrale Position zu haben, ohne Partei zu ergreifen oder über die Ereignisse zu urteilen. Es stellt lediglich dar, was passiert, und beleuchtet auf humorvolle Weise die naivität der Gans und die List des Fuchses. Dies wird auch durch die naturalistische Darstellung und Beschreibung der Tiere unterstützt.
In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus neun Strophen mit unterschiedlicher Versanzahl, und es folgt keinem bestimmten metrischen Muster. Es kommen gereimte Verse vor, ebenso wie unreine und unvollständige Reime, was den humorvollen, fröhlichen Charakter des Gedichts unterstützt.
Die Sprache ist einfache Alltagssprache, angereichert mit einigen bildhaften und humorvollen Ausdrücken. Es werden einige Redewendungen und ironische Anspielungen verwendet, die das Ganze noch lebendiger und unterhaltsamer machen.
Insgesamt kann man sagen, dass „Fuchs und Gans“ eine satirische Darstellung der Gesellschaft ist, in der die Naivität und Unschuld (repräsentiert durch die Gans) durch Manipulation und Täuschung (repräsentiert durch den Fuchs) ausgenutzt wird. Dabei wird ein humorvoller, fast zynischer Tonfall angeschlagen, der die bittere Wahrheit dahinter nur umso deutlicher hervorhebt. Auf diese Weise bietet Busch eine gesellschaftskritische und lehrreiche Erzählung, die auch heute noch relevant ist.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Fuchs und Gans“ des Autors Wilhelm Busch. Busch wurde im Jahr 1832 in Wiedensahl geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1848 und 1908. Der Erscheinungsort ist Wiesbaden u. Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 241 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 9 Strophen. Die Gedichte „Als er noch krause Locken trug“, „Also hat es dir gefallen“ und „Auf Wiedersehn“ sind weitere Werke des Autors Wilhelm Busch. Zum Autor des Gedichtes „Fuchs und Gans“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 208 Gedichte vor.
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Zum Autor Wilhelm Busch sind auf abi-pur.de 208 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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