Frühling hinter Bad Nauheim von Joachim Ringelnatz

Zwei Eier, ein Brötchen, ein Hut und ein Hund –.
Am Himmel die weiße Watte,
Die ausgezupft
Den Himmel ohne Hintergrund
So ungebildet übertupft,
Erzählt mir, was ich hatte.
 
Erzählt mir, was ich war.
Ich hatte, was ich habe.
Aber was weiß ich, was ich bin?!
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Genau so dumm und vierzig Jahr?
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Ich fliege, ein krächzender Rabe,
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Über mich selber hin.
 
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Ich bin zum Glück nicht sehr gesund
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Und – Gott sei Dank –
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Auch nicht sehr krank.
 
16 
Der Wind entführt mir meinen Hund.
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Die Eier, der Kognak, das Brötchen
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Schmecken heute besonders gut:
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Und siehe da: mein alter Hut
20 
Macht Männchen und gibt Pfötchen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Frühling hinter Bad Nauheim“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
102
Entstehungsjahr
1933
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Frühling hinter Bad Nauheim“ ist von dem deutschen Schriftsteller Joachim Ringelnatz, welcher von 1883 bis 1934 lebte. Somit kann man das Gedicht zeitlich der Moderne zuordnen.

Bei der ersten Lektüre fällt sofort auf, dass das Gedicht sich durch eine scheinbar groteske, surreale Beschreibung des Alltäglichen auszeichnet. Der Autor verwendet einfache, alltagsnahe Begriffe und verwebt sie mit abstrakten, teils widersprüchlichen Gedanken.

Inhaltlich scheint sich das lyrische Ich in einer Phase persönlicher Reflektion und Selbstbeobachtung zu befinden. Zugleich entsteht durch die Ausdrücke der Dankbarkeit dafür, weder „sehr gesund“ noch „sehr krank“ zu sein, eine facettenreiche Darstellung des menschlichen Lebens mit all seinen Höhen und Tiefen.

Besonders betont wird der Unterschied zwischen Wahrnehmung und Realität. Es sind alltägliche Gegenstände wie Hüte, Brötchen und Hunde, die plötzlich entschwinden oder sich verändern, und dennoch erscheint dies dem lyrischen Ich nicht ungewöhnlich. In der finalen Strophe wird das augenzwinkernde Spiel mit der Normalität und Surrealität jedoch so überdreht, dass der Hut „Männchen macht und Pfötchen gibt.“ Dadurch wird die verquer-perverse Sicht auf die Realität, welche für Ringelnatz typisch ist, noch einmal betont.

Sprachlich bedient sich Ringelnatz einer klaren, direkten Ausdrucksweise. Die Form des Gedichts mit variierenden Verszahlen in den einzelnen Strophen steht im Kontrast zur traditionellen Gedichtsform und weist auf die Modernität des Textes hin. Der fließende, teilweise satirische Ton unterstreicht das Aufeinandertreffen von Alltag und Übernatürlichem und schafft so eine skurrile Atmosphäre, die das Lesen des Gedichts zu einem surrealen Erlebnis macht.

Insgesamt lässt sich „Frühling hinter Bad Nauheim“ als humorvolle, aber auch tiefgründige Beschäftigung mit den banalen und zugleich unergründlichen Aspekten des Lebens interpretieren.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Frühling hinter Bad Nauheim“. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1933 zurück. In Berlin ist der Text erschienen. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Bei Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 102 Worte. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „Abgesehen von der Profitlüge“, „Abglanz“ und „Abschied von Renée“. Zum Autor des Gedichtes „Frühling hinter Bad Nauheim“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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