An Madame de Warens von Frank Wedekind

Nimm dieses Bild, mit ihm die alte Treue,
Das reine Herz, das einst sich dir geweiht.
Vertrauensvoll erfleht es sich aufs neue
Nur einen Funken deiner Göttlichkeit.
Noch ist der zarte Flor ja nicht zerrissen,
Mit dem du mich in schöner Zeit umwobst,
Darin du mich empor aus Finsternissen
Zum blauen Äther deiner Liebe hobst.
Nun möcht’ an deiner Brust es wied’rum rasten
10 
Und lauschen deiner Stimme weichem Klang;
11 
Die Melodien, die es dort erfaßten,
12 
Sie hallen fort noch manchen Sommer lang.
 
13 
Die Welt ist überreich an Glück und Freuden,
14 
Doch reicher, hohe Königin, bist du.
15 
Du wagst die Schätze sorglos zu vergeuden,
16 
Die Andre hüten in besorgter Ruh.
17 
Und stets von neuem hast du reich zu geben
18 
Des Gold’s, das deiner Seele Tiefen füllt.
19 
Wie manchen Schmerz in deiner Nächsten Leben
20 
Hast du mit mildem Himmelstrost gestillt.
21 
Der Mensch verzweifelt unter schweren Qualen,
22 
Siecht hin und altert in Entmutigung,
23 
Da leuchten deines Auges warme Strahlen
24 
Und der gebeugte Geist ist wieder jung.
 
25 
Verlaß mich nicht; ich habe dir zu danken,
26 
Was schönes jetzt in meinem Herzen ruht.
27 
Der Flammenbecher, den vereint wir tranken,
28 
Goß laut’res Feuer in mein junges Blut.
29 
Verlaß mich nicht; mir lacht aus deinen Zügen
30 
Mein Himmel, wenn du mir zur Seite stehst;
31 
Verlaß mich nicht, du würdest mich betrügen
32 
Um meinen Himmel, wenn du von mir gehst.
33 
Ich weiß nicht, was mir noch auf Erden bliebe;
34 
Mein Leben strömt aus deinem Augenlicht,
35 
Ich müßte sterben ohne deine Liebe,
36 
Du Himmelskönigin, verlaß mich nicht!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „An Madame de Warens“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
251
Entstehungsjahr
1905
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An Madame de Warens“ wurde von Frank Wedekind verfasst, einem bedeutenden dramatischen Dichter des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Die genaue Entstehungszeit des Gedichts lässt sich ohne genaue Angaben schwer festlegen, allerdings liegt sie angesichts des Lebensdatums des Autors irgendwo zwischen dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Auf den ersten Blick zeigt das Gedicht eine intensive tiefe emotionale Bindung des lyrischen Ichs zu der Frau, adressiert als Madame de Warens.

In dem Gedicht vermittelt das lyrische Ich eine starke Zuneigung und Bewunderung für Madame de Warens. Es beginnt mit der Bitte, ein Bild anzunehmen, das sinnbildlich für die alte Treue und Zuneigung steht. Das lyrische Ich fleht um einen Funken ihrer Göttlichkeit und erinnert sich an die schönen Zeiten, die es mit ihr verbracht hat, in denen sie es in ihrer Liebe gehoben hat.

Die zweite Strophe geht auf die Großzügigkeit und Güte von Madame de Warens ein, die reicher ist als die Welt und immer bereit ist, zu geben. Sie hat viele Menschenleben durch ihre Großzügigkeit und Fürsorge bereichert und ihnen Trost in den schweren Zeiten gebracht.

Die dritte Strophe ist ein flehentlicher Appell an Madame de Warens, das lyrische Ich nicht zu verlassen. Es gibt zu verstehen, dass alles Schöne in seinem Leben auf sie zurückzuführen ist und dass das Leben ohne sie unvorstellbar ist.

Das Gedicht ist in einer traditionell dichterischen Sprache geschrieben und besteht aus drei Strophen zu je zwölf Versen. Die Sprache ist reich an Metaphern und Bildern, die symbolisch für die tiefen emotionalen Bindungen und die hochschätzende Bewunderung des lyrischen Ichs für Madame de Warens stehen.

Das formale Schema des Gedichts bietet eine klare Struktur und trägt zur Intensität der Gefühle bei, die das lyrische Ich ausdrückt. Insgesamt handelt es sich bei dem Gedicht um ein sehr emotionales Werk, das die tiefe Zuneigung und Bewunderung des lyrischen Ichs für Madame de Warens in einer poetisch anspruchsvollen und emotional bewegenden Weise darstellt.

Weitere Informationen

Frank Wedekind ist der Autor des Gedichtes „An Madame de Warens“. Wedekind wurde im Jahr 1864 in Hannover geboren. Im Jahr 1905 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist München. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Der Schriftsteller Wedekind ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 251 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere Werke des Dichters Frank Wedekind sind „Abschied“, „Albumblatt“ und „Allbesiegerin Liebe“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An Madame de Warens“ weitere 114 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Frank Wedekind

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Frank Wedekind und seinem Gedicht „An Madame de Warens“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Frank Wedekind (Infos zum Autor)

Zum Autor Frank Wedekind sind auf abi-pur.de 114 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.