Frieden von Heinrich Heine

Hoch am Himmel stand die Sonne,
Von weißen Wolken umwogt,
Das Meer war still,
Und sinnend lag ich am Steuer des Schiffes,
Träumerisch sinnend, – und halb im Wachen
Und halb im Schlummer, schaute ich Christus,
Den Heiland der Welt.
Im wallend weißen Gewande
Wandelt’ er riesengroß
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Ueber Land und Meer;
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Es ragte sein Haupt in den Himmel,
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Die Hände streckte er segnend
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Ueber Land und Meer;
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Und als ein Herz in der Brust
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Trug er die Sonne,
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Die rothe, flammende Sonne,
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Und das rothe, flammende Sonnenherz
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Goß seine Gnadenstrahlen
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Und sein holdes, liebseliges Licht,
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Erleuchtend und wärmend,
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Ueber Land und Meer.
 
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Glockenklänge zogen feierlich
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Hin und her, zogen wie Schwäne,
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Am Rosenbande, das gleitende Schiff,
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Und zogen es spielend an’s grüne Ufer,
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Wo Menschen wohnen, in hochgethürmter,
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Ragender Stadt.
 
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O Friedenswunder! Wie still die Stadt!
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Es ruhte das dumpfe Geräusch
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Der schwatzenden, schwülen Gewerbe,
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Und durch die reinen, hallenden Straßen
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Zogen Menschen, weißgekleidete,
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Palmzweig-tragende,
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Und wo sich Zwei begegneten,
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Sahn sie sich an, verständnißinnig,
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Und schauernd, in Liebe und süßer Entsagung,
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Küßten sie sich auf die Stirne,
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Und schauten hinauf
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Nach des Heilands Sonnenherzen,
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Das freudig versöhnend sein rothes Blut
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Hinunterstrahlte,
42 
Und dreimalselig sprachen sie:
43 
Gelobt sey Jesu Christ!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Frieden“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
43
Anzahl Wörter
200
Entstehungsjahr
1825–1826
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht stammt von dem bedeutenden Dichter Heinrich Heine, der von 1797 bis 1856 lebte. Dieser Zeitraum fällt in die literarische Epoche des Realismus.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht ein hohes Maß an Friedlichkeit und Spiritualität ausstrahlt. Es scheint ein starker Fokus auf religiöse Motive und Symbole gelegt zu werden. Die Naturmotive, wie das Meer und die Sonne, erzeugen eine idyllische, ruhige Atmosphäre, die den gesamten Text dominiert.

In einfacheren Worten ausgedrückt, schildert das lyrische Ich zunächst das Bild von Jesus Christus, dem Heiland der Welt, wie er riesengroß über Land und Meer wandelt. Christus wird hierbei als eine mächtige, majestätische Figur dargestellt, die die Sonne in der Brust trägt, deren Strahlen als Gnadenstrahlen über die Welt strömen. Im zweiten Teil wird beschrieben, wie das Schiff, auf dem das lyrische Ich steht, von Glockenklängen an ein grünes Ufer gezogen wird, wo eine Stadt steht. Zuletzt folgt eine Schilderung der friedvollen, stillen Stadt und ihrer Einwohner.

Die zentrale Aussage des lyrischen Ichs scheint das Bild eines allmächtigen, gnädigen Christus zu veranschaulichen, dessen Präsenz und Liebe eine Atmosphäre des Friedens und der Ekstase hervorruft.

Das Gedicht ist in ihrer Sprache einfach und verständlich, jedoch nicht ohne tiefe symbolische Bedeutung. Das Motiv der Sonne, die Christus in seiner Brust trägt, erzeugt eine Assoziation von Licht, Wärme und Nächstenliebe, die von Christus ausgeht und sich über die Welt ergießt. In Bezug auf die Form, besteht das Gedicht aus drei Strophen, die sich in ihrer Länge stark voneinander unterscheiden. Die rhythmische und reimlose Struktur erzeugt einen erzählenden, fließenden Ton, der gut zu der ruhigen, friedlichen Atmosphäre passt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Heines Gedicht „Frieden“ eine eindringliche atmosphärische Schilderung von Frieden und Ekstase darstellt, die durch die allmächtige Präsenz einer liebevollen, gnädigen Christusfigur erzeugt wird. Die Sprache und die Symbolik, die in dem Gedicht verwendet werden, tragen maßgeblich zu seinem tiefen, spirituellen Gehalt bei.

Weitere Informationen

Heinrich Heine ist der Autor des Gedichtes „Frieden“. Geboren wurde Heine im Jahr 1797 in Düsseldorf. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1826 zurück. Der Erscheinungsort ist Hamburg. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Der Schriftsteller Heine ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 200 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 43 Versen. Weitere Werke des Dichters Heinrich Heine sind „Ahnung“, „Allnächtlich im Traume seh’ ich dich“ und „Almansor“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Frieden“ weitere 535 Gedichte vor.

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