Die beiden Hunde von Franz Grillparzer

1	Längs einem Strom in einem Felsenschlunde,
2	Ging einst ein Edelmann,
3	Und ihn umhüpften seine beiden Hunde:
4	Joli und Soliman.
5	Joli, das Windspiel, sprang mit tausend Possen
6	Hinan an seinen Herrn,
7	Und wird geküßt, indessen steht verstoßen
8	Der arme Pudel fern,
9	Den armen liebt man nicht, er kann nicht schmeicheln,
10	Zu finster ist sein Blick,
11	Und statt den treuen, wie Joli, zu streicheln,
12	Stößt man ihn stets zurück.
13	Nun aber wankt der Herr am steilen Strande
14	Mit ungewissem Fuß
15	Und stürzet plötzlich von dem glatten Rande
16	Des Abgrunds in den Fluß.
17	Indes Joli mit Furcht und bangem Bellen
18	Am hohen Ufer steht,
19	Sich in dem Silberspiegel glatter Wellen
20	Begaffet und dann geht,
21	Stürzt sich der brave, stets verschmähte Pudel
22	Hinab vom hohen Strand,
23	Entreißet mühsam seinen Herrn dem Strudel
24	Und trägt ihn froh ans Land.
25	O möge diese kleine Fabel lehren,
26	Wie oft der Schein belügt,
27	Nur die Gefahr kann einen Freund bewähren,
28	Die Außenseite trügt.
29	Ihr Weltenherrscher hasset nicht den Braven,
30	Weil er nicht niedrig kriecht,
31	Der erste eurer tiefgebückten Sklaven
32	Ist oft ein Bösewicht.

Details zum Gedicht „Die beiden Hunde“

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die beiden Hunde“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Franz Grillparzer. Im Jahr 1791 wurde Grillparzer in Wien geboren. 1807 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Biedermeier oder Realismus zugeordnet werden. Bei Grillparzer handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 175 Wörter. Es baut sich aus 8 Strophen auf und besteht aus 32 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Franz Grillparzer sind „Am Hügel“, „Am Morgen nach einem Sturm“ und „An einen Freund“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die beiden Hunde“ weitere 300 Gedichte vor.

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