Das Spiegelbild von Franz Grillparzer

Ich lag im grünen Laubgezelt,
Die Stirn in heißer Hand,
Verbaut von Zweigen Flur und Feld,
An eines Brunnens Rand.
 
Und als ich so am Rand gelegt
Mein Bild im Quell gewahrt,
Fühlt ich mich wunderbar bewegt,
Vergaß des Wassers Art
 
Und rief: So hegest du mein Bild,
10 
Du Wesen, still und rein,
11 
Des Herzens Sehnen, ungestillt,
12 
Soll drum dein eigen sein,
 
13 
An deinem Ufer will ich ruhn,
14 
Will mir ein Laubdach baun,
15 
Matt von des Lebens Mühn und Tun
16 
In deine Wellen schaun.
 
17 
Da, neben meinem, in dem Quell,
18 
Gewahr ich noch ein Haupt;
19 
Es ist mein Freund, erkenn ich schnell,
20 
Den ich entfernt geglaubt;
 
21 
Und wie er schalkhaft lächelnd, froh,
22 
Sich über mich gebeugt,
23 
Mit emsger Treue, ebenso
24 
Der Spiegelquell ihn zeigt.
 
25 
Da war ich schnell vom Traum erwacht,
26 
Doch zürnt ich nicht dem Quell,
27 
Ich zürnte, daß ich nicht bedacht,
28 
Was doch vom Anfang hell:
 
29 
Des Wassers Art ist eben so,
30 
Zeigt nicht nur ein Gesicht,
31 
Die ganze Welt ist dessen froh,
32 
Und ich auch grolle nicht;
 
33 
Auch in der Folge will ich gern
34 
An deinem Ufer gehn,
35 
Recht innig froh, auch mich von fern
36 
In deinem Selbst zu sehn;
 
37 
Doch wohnen hier, mich dir vertraun
38 
Laß fahren das, mein Sinn!
39 
Wer wird sein Glück auf Wasser baun?
40 
Und also ging ich hin!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Das Spiegelbild“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
216
Entstehungsjahr
1791 - 1872
Epoche
Biedermeier,
Realismus

Gedicht-Analyse

Franz Grillparzer ist der Autor des Gedichtes „Das Spiegelbild“. 1791 wurde Grillparzer in Wien geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1807 bis 1872 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Biedermeier oder Realismus zu. Bei Grillparzer handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 10 Strophen und umfasst dabei 216 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Franz Grillparzer sind „Der Wunderbrunnen“, „Entsagung“ und „Vorzeichen“. Zum Autor des Gedichtes „Das Spiegelbild“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 300 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Franz Grillparzer

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Franz Grillparzer und seinem Gedicht „Das Spiegelbild“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Franz Grillparzer (Infos zum Autor)

Zum Autor Franz Grillparzer sind auf abi-pur.de 300 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.