Der Tag brach an mit mildem Schein von Franz Grillparzer

Der Tag brach an mit mildem Schein,
Es sangen - im Käfig - die Vögelein,
Es fiel der Tau - aus der Gießkann gesprengt,
Aufs heiße Pflaster, von Menschen gedrängt,
Die schöne Welt noch in Federn lag,
Das heißt: es war just um Mittag,
Da ritt, so früh schon dem Schlummer entrafft,
Held Mitis daher in seiner Kraft,
Der stets Bemühte früh und spät,
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Der Ritter und Held der Legitimität;
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Ihm nach, bewaffnet bis an die Zähn,
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Sein edler Schildknapp Mishellen,
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Und weit zurück, voll Staub und zu Fuß,
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Türkel, der Stallknecht und Hasenfuß.
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Der Ritter war lieblich anzuschaun,
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Ein Schrecken der Männer, der Wunsch der Fraun,
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Sein Feld gegen beide - das Kabinett;
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Treu bis auf die Eh! der Legitimität.
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Sein Haar zwar etwas schon cendré,
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Doch weiß wie Blüten, nicht weiß wie Schnee,
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Ein süßes Lächeln den Mund entlang,
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Sein air so nobel und nonchalant,
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Was unbedeutend, was wichtig zumeist,
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Handhabt mit aisance sein edler Geist.
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Er ritt derzeit das große Pferd,
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Doch war es vernagelt, wie man so hört.
 
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Hart hinter ihm der Knappe ritt,
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Sein stärkster Galopp ein schaukelnder Schritt.
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Der Grundsatz war von seinem Tun:
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Nach vollbrachter Ruh ist gut zu ruhn,
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Im übrigen ein Optimist;
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Gut ist, was ist und was man ißt.
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Aus Stöpselkork sein Panzer war,
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Sein Schild ne Bratenschüssel gar,
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Zwei Schläuche seine Stiefel gut,
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Ein Kasseroll sein Eisenhut
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Und statt des Sattels kauernd hätt
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Er ausgespreitet ein Federbett.
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All was er trug, der Erdensohn,
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War Privilegium, Invention:
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Sein Helm, zeigt sich ein Wolkengetürm,
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Tat sich voneinander als Regenschirm;
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Der Speer trug eine Wetterfahn
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Und war ein eteignoir daran.
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Vorn prangt an seines Pferdes Bug
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Ein Schüsselkorb und ein Pfropfenzug
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Und rechts und links, wie die Mähre ging,
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Zur Erde straff eine Treppe hing,
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Dran stieg der Edle auf und ab,
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Wenn sich im Notfall ein Schreck begab.
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Sonst duftet er von Wässern sehr,
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Sein Schnupftuch war ein Rosenmeer,
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Selbst unter seines Pferdes Schwanz
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Hing eine Flasche Eau d'Lavands.
 
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Freund Türkel eben schlecht und recht
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Versinnlichte das Wörtlein Knecht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.9 KB)

Details zum Gedicht „Der Tag brach an mit mildem Schein“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
56
Anzahl Wörter
338
Entstehungsjahr
1791 - 1872
Epoche
Biedermeier,
Realismus

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Tag brach an mit mildem Schein“ des Autors Franz Grillparzer. Der Autor Franz Grillparzer wurde 1791 in Wien geboren. Zwischen den Jahren 1807 und 1872 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Biedermeier oder Realismus zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Grillparzer handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das 338 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 56 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Franz Grillparzer sind „An einen Freund“, „Beethoven“ und „Der Wunderbrunnen“. Zum Autor des Gedichtes „Der Tag brach an mit mildem Schein“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 300 Gedichte vor.

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