Dezemberlied von Franz Grillparzer

1	Harter Winter, streng und rauch,
2	Winter, sei willkommen!
3	Nimmst du viel, so gibst du auch,
4	Das heißt nichts genommen!
5	Zwar am Äußern übst du Raub,
6	Zier scheint dir geringe,
7	Eis dein Schmuck, und fallend Laub
8	Deine Schmetterlinge,
9	Rabe deine Nachtigall,
10	Schnee dein Blütenstäuben,
11	Deine Blumen, traurig all
12	Auf gefrornen Scheiben.
13	Doch der Raub der Formenwelt
14	Kleidet das Gemüte,
15	Wenn die äußere zerfällt,
16	Treibt das Innere Blüte.
17	Die Gedanken, die der Mai
18	Locket in die Weite,
19	Flattern heimwärts kältescheu
20	Zu der Feuerseite.
21	Sammlung, jene Götterbraut,
22	Mutter alles Großen,
23	Steigt herab auf deinen Laut,
24	Segenübergossen.
25	Und der Busen fühlt ihr Wehn,
26	Hebt sich ihr entgegen,
27	Läßt in Keim und Knospen sehn,
28	Was sonst wüst gelegen.
29	Wer denn heißt dich Würger nur?
30	Du flichst Lebenskränze,
31	Und die Winter der Natur
32	Sind der Geister Lenze!

Details zum Gedicht „Dezemberlied“

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Dezemberlied“ des Autors Franz Grillparzer. Der Autor Franz Grillparzer wurde 1791 in Wien geboren. In der Zeit von 1807 bis 1872 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Biedermeier oder Realismus zuordnen. Bei dem Schriftsteller Grillparzer handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 131 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Franz Grillparzer sind „Am Morgen nach einem Sturm“, „An einen Freund“ und „Beethoven“. Zum Autor des Gedichtes „Dezemberlied“ haben wir auf abi-pur.de weitere 300 Gedichte veröffentlicht.

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