Freiheitsklänge von Rainer Maria Rilke

Böhmens Volk! In deinen Kreisen
weckt ein neuer Genius
alte, heiße Freiheitsweisen,
und die mahnen nicht mit leisen
Worten, daß dein Fesseleisen
ganz zerschmettert werden muß.
 
Diese Streitpoeten blasen
lockend; und in Stücke haun
kannst du, Volk, in deinem Rasen
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des Gesetzes Marmorvasen,
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doch du kannst aus ihren Phrasen
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keine Zukunft dir erbaun.
 
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Tief in Herz und Sinn in treuer
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Hoffnung senk die Liedersaat,
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sind dir deine Dichter teuer,
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daß daraus ein Lenz, ein neuer,
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keime. – Was dann blieb vom Feuer,
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das entflamme dich zur Tat.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Freiheitsklänge“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
86
Entstehungsjahr
nach 1891
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Freiheitsklänge“ stammt von dem bedeutenden österreichischen Lyriker Rainer Maria Rilke, der von 1875 bis 1926 lebte. Er zählt zu den wichtigsten Vertretern der literarischen Moderne und sein lyrisches Werk ist geprägt von einer intensiven Beschäftigung mit existenziellen Themen.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht politisch und revolutionär, da es das Bohmische Volk, also die Tschechen, zur Befreiung von Fesseln aufruft. Man kann in dem Gedicht auch Implikationen der Nationalitätenkonflikte innerhalb der Habsburger Monarchie finden, da Rilke in Prag zur Welt kam und seine Kindheit in Böhmen verbrachte.

Inhaltlich geht es im Gedicht darum, dass das Bohmische Volk aufgerufen wird, alte Freiheitslieder neu zu beleben, um ihre Ketten zu sprengen. Die zweite Strophe warnt jedoch davor, sich von Aufrufen zu Gewalt und Zerstörung leiten zu lassen, da diese keine Zukunft bieten. Im letzten Abschnitt fordert das lyrische Ich die Leserschaft auf, die Saat der Poesie in Herz und Verstand zu säen und daraus einen neuen Frühling, also einen Neuanfang, entstehen zu lassen. Die Energie, die das Feuer der Revolution hinterlässt, soll jedoch nicht ungenutzt bleiben und ihn zu konkretem Handeln inspirieren.

In Bezug auf Stil und Sprache fällt zunächst auf, dass das Gedicht in drei Sechszeilern geschrieben ist. Die verwendete Sprache ist recht bildhaft und metaphorisch, sie spricht sowohl den Verstand als auch die Gefühlswelt an. Die Struktur sowie die Verwendung von Reimen tragen dabei zur Verständlichkeit des poetischen Textes bei.

Durch die direkte Ansprache des Volkes und die Instruktionen, die das lyrische Ich gibt, wirkt das Gedicht sehr eindringlich. Es scheint, als würde Rilke hier den Dichtern und ihrer Poesie eine zentrale Rolle als Motivatoren und Inspirationsquelle für Veränderungen und gesellschaftlichen Fortschritt zuschreiben. Das Gedicht kann daher auch als Aufforderung gesehen werden, Kunst und Literatur als Werkzeuge zur Gestaltung der eigenen Zukunft zu nutzen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Freiheitsklänge“ des Autors Rainer Maria Rilke. Geboren wurde Rilke im Jahr 1875 in Prag. Im Zeitraum zwischen 1891 und 1926 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Frankfurt am Main. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 86 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere Werke des Dichters Rainer Maria Rilke sind „Absaloms Abfall“, „Adam“ und „Advent“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Freiheitsklänge“ weitere 338 Gedichte vor.

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