Flugpost-Liebesgabe von Joachim Ringelnatz

Radieschen schmeckt wie Regenwurm.
Radieschen schmeckt auf hoher See,
Auf Wache und im Regensturm
Wie Wasser und wie Pralinee.
 
Noch welke Blättchen grün am Rot.
Als sie das ausgegraben,
Wird sie gelächelt haben:
Radieschen auf einem Walfischboot!
Fern auf dem Eismeer Radieschen!
 
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Mein gutes Lieschen.
 
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Als ich zuletzt – vor einem Jahr –
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Auf Urlaub mit der Liese
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Auf der Oktoberwiese
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In dem Aquarium war,
 
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Da zeigte man ein Haifischei.
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Durchsichtig war es fast wie Glas,
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Und innen zappelte ein Hai,
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Der knapp zwei Zentimeter maß.
 
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Radieschen ist kein Säugetier,
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Und Lieschen ist kein Harpunier. –
21 
Hallo! Hallo!
22 
He! Alle Mann an Deck! –
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„Was?“ – – – – – „Wo?“
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Voraus! Zwei Strich an Steuerbord! Speck!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Flugpost-Liebesgabe“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
108
Entstehungsjahr
1929
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Joachim Ringelnatz, der von 1883 bis 1934 lebte. Er gehört damit zur Epoche der Weimarer Republik, in der auch die sogenannte Neue Sachlichkeit als literarische Strömung aufkam. Ringelnatz zeichnet sich insbesondere durch seinen humorvollen und oftmals grotesken Stil aus.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht „Flugpost-Liebesgabe“ bemerkenswert alltäglich und wirft Bilder von Meer, Fernweh und zugleich erdverbundener Tätigkeit auf. Ganz konkret scheint es um eine Situation auf hoher See zu gehen, in der das lyrische Ich Radieschen erhält.

Inhaltlich geht es im Gedicht wohl um die Situation von Matrosen auf hoher See und ihre erlebten Kleinigkeiten. Symptomatisch dafür steht das Radieschen, das auf hoher See sowohl an Wasser und Pralinee, als auch an den Geschmack eines Regenwurms erinnert. Das in der ersten Strophe genannte „gute Lieschen“ hat wohl diese Radieschen geschickt. Das wiederum könnte ein Beleg dafür sein, dass das lyrische Ich die maritime Welt und das Leben an Land zu einer Einheit verschmilzt.

Die Form des Gedichtes ist recht unregelmäßig, was typisch für Ringelnatz ist, der gerne mit den Erwartungen der Leser spielt. Die Verse variieren in der Anzahl ihrer Zeilen von Strophe zu Strophe. Die Sprache ist ebenso schlicht wie bildhaft, was die eher unspektakuläre Situation auf dem Schiff und die Bedeutung der Radieschen für das lyrische Ich unterstreicht. Die Redensarten und Befehle am Ende des Gedichts verleihen dem Alltagsgeschehen einen humoristisch-absurden Touch, der den Alltag auf hoher See maritim-weit weg und doch liebevoll erdverbunden darstellt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Liebesgaben wie Radieschen das Leben auf hoher See mit dem Heimatgefühl verbinden. Diese Interpretation wird durch die humorvolle und absurde Darstellung Ringelnatz' unterstrichen und gibt dem Gedicht eine leichte und unterhaltsame Note.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Flugpost-Liebesgabe“. Geboren wurde Ringelnatz im Jahr 1883 in Wurzen. Das Gedicht ist im Jahr 1929 entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 108 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Abgesehen von der Profitlüge“, „Abglanz“ und „Abschied von Renée“. Zum Autor des Gedichtes „Flugpost-Liebesgabe“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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