Fliege und Wanze von Joachim Ringelnatz

Die Fliege hat zur Wanze gesprochen:
„Leih’ mir doch eine Maß Blut,
Ich habe den Bürgermeister gestochen. – –
 
Aber der roch nicht gut.
Und ich habe sein Blut, ohne was zu sagen,
In die Nase von seiner Frau übertragen,
Und gab auch der Tochter und dem Sohn
Eine kleine Portion.
Und nun riecht die ganze Familie
10 
Nach Quecksilber und Petersilie,
11 
Und ist voller Pickel und Flecke,
12 
Und es ist ein Vergnügen, von der Decke
13 
Aus zuzugucken, wie sie sich jucken.“
 
14 
Die Wanze tat etwas fremd
15 
Und brummte: „Ach, Bagatelle!“
16 
Und kroch dabei einem Kutscher ins Hemd.
17 
Dort war derzeit ihre Quelle.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Fliege und Wanze“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
17
Anzahl Wörter
100
Entstehungsjahr
1924
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht wurde von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettist, verfasst. Ringelnatz lebte von 1883 bis 1934, was das Gedicht zeitlich in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts einordnet.

Der erste Eindruck des Gedichts ist humorvoll und satirisch. Die in Versform erzählte Geschichte ist augenzwinkernd und unterhaltsam, mit einem scharfen Sinn für das Absurde, der typisch für Ringelnatz' Stil ist.

Inhaltlich handelt das Gedicht von einer Konversation zwischen einer Fliege und einer Wanze. Die Fliege bittet die Wanze um eine Maß Blut, weil sie den Bürgermeister gestochen hat. Die Fliege beschreibt, wie sie sein Blut übertragen hat, offenbar als eine Form von Rache oder Schabernack. Sie erfreut sich daran, zuzusehen, wie die Bürgermeister-Familie, deren Blut nun nach Quecksilber und Petersilie riecht, sich juckt. Die Wanze reagiert unbeeindruckt auf die Erzählung der Fliege und kriecht in das Hemd eines Kutschers, was ihre aktuelle „Blutquelle“ ist.

Das lyrische Ich, in diesem Fall die Fliege, scheint den narrativen Thread zu lenken, und das Gedicht fungiert als eine Art Mikro-Erzählung ihrer Handlungen. Es könnte auch als soziale Kritik interpretiert werden, die satirisch auf die Klüngelei und Korruption von Bürgertum und Gebräuchlichkeit anspielt.

Die Form des Gedichts ist strophisch, mit vier Versen in der ersten Strophe, zehn Versen in der zweiten und vier in der dritten. Die Sprache ist einfach und leicht verständlich, mit einer starken Fokussierung auf die erzählende Perspektive der Fliege und die Reaktion der Wanze.

Ringelnatz verwendet Alltagssprache und Humor, um eine satirische Darstellung gesellschaftlicher Machtstrukturen zu schaffen, wobei die kleinen Kreaturen die Kontrolle übernehmen und ihre Macht gegenüber den Menschen, insbesondere den politisch und sozial Mächtigen, auf humorvolle Weise ausüben.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Fliege und Wanze“. Ringelnatz wurde im Jahr 1883 in Wurzen geboren. 1924 ist das Gedicht entstanden. In München ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 17 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 100 Worte. Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Abgesehen von der Profitlüge“, „Abglanz“ und „Abschied von Renée“. Zum Autor des Gedichtes „Fliege und Wanze“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Joachim Ringelnatz

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Joachim Ringelnatz und seinem Gedicht „Fliege und Wanze“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz (Infos zum Autor)

Zum Autor Joachim Ringelnatz sind auf abi-pur.de 560 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.