Flieder von Karl Kraus

Nun weiß ich doch, ’s ist Frühling wieder.
Ich sah es nicht vor so viel Nacht
und lange hatt’ ich’s nicht gedacht.
Nun merk’ ich erst, schon blüht der Flieder.
 
Wie fand ich das Geheimnis wieder?
Man hatte mich darum gebracht.
Was hat die Welt aus uns gemacht!
Ich dreh’ mich um, da blüht der Flieder.
 
Und danke Gott, er schuf mich wieder,
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indem er wiederschuf die Pracht.
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Sie anzuschauen aufgewacht,
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so bleib’ ich stehn. Noch blüht der Flieder.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.7 KB)

Details zum Gedicht „Flieder“

Autor
Karl Kraus
Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
80
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Moderne,
Expressionismus,
Avantgarde / Dadaismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Flieder“ wurde von dem österreichischen Autor Karl Kraus verfasst, der von 1874 bis 1936 lebte. Dies setzt das Gedicht in einen Zeitraum von Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts.

Beim ersten Eindruck erscheint das Gedicht schlicht und einfühlsam. Es hervorruft Gefühle von Wiederentdeckung und Erneuerung, indem es die Jahreszeit des Frühlings und die Blüte des Flieders als Symbole verwendet.

Inhaltlich erzählt das lyrische Ich von seiner erneuten Bewusstwerdung des Frühlings, den es aufgrund von metaphorischer Dunkelheit („so viel Nacht“) nicht wahrnehmen konnte. Es ist überrascht, den Flieder bereits in Blüte vorzufinden. Im weiteren Verlauf reflektiert es, wie es das „Geheimnis“ des Frühlings wiederentdeckt hat, trotz Gefühl der Entfremdung („Man hatte mich darum gebracht“). Es kehrt immer wieder zum Anblick des blühenden Flieders zurück und dankt Gott schließlich für die erneute Schaffung der Pracht des Frühlings und seines Erwachens, um diese zu betrachten.

Im Hinblick auf die Form zeigt das Gedicht einen klaren Vierzeiler-Aufbau. Jede Strophe beinhaltet vier Verse, die die jeweilige Phase des lyrischen Ichs darstellen.

Sprachlich ist das Gedicht einfach und klar gestaltet, ohne komplizierte Metaphern oder Sprachbilder. Kraus nutzt jedoch den ständig wiederkehrenden Flieder als Symbol, um das lyrische Ich in einen Zustand der Erneuerung und des Wiedererlebens zu setzen. Besonders auffällig ist die Wiederholung der Satzstruktur „Nun merk’ ich erst, schon blüht der Flieder“, „Ich dreh’ mich um, da blüht der Flieder“ und „so bleib’ ich stehn. Noch blüht der Flieder“. Die wachsende Selbstreflexion und Erkenntnis findet ihren Ausdruck in der veränderten Wahrnehmung des Flieders und seiner Verbindung zu Gottes Schöpfung und der Macht der Erneuerung.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Flieder“ ist Karl Kraus. Geboren wurde Kraus im Jahr 1874 in Jičín (WP), Böhmen. Das Gedicht ist im Jahr 1920 entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 80 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 12 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Karl Kraus sind „Als Bobby starb“, „An den Schnittlauch“ und „An eine Falte“. Zum Autor des Gedichtes „Flieder“ haben wir auf abi-pur.de weitere 61 Gedichte veröffentlicht.

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