Fire, but don’t hurt the flag! von Theodor Fontane

Consul Cunningham, an die dreißig Jahr,
Ist er im Amt schon in Tulcahuar.
 
Ein chilenischer Tag heut; stahlblau die Luft,
Von Westen her weht es wie Meeresduft,
Und auf Cunninghams Hause, leis und lind,
Englands Flagge spielt im Wind.
 
Jetzt aber, ein Windstoß setzt eben ein,
Klingt’s die Straße herauf wie von Lärmen und Schrein,
Soldaten und Volk („ist der Teufel los“)
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Und inmitten des Haufens ein brit’scher Matros.
 
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Anschwillt das Gelärm und als näher es kam,
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Auf die Straße hinaus tritt Cunningham,
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Engländer der Alte, von Kopf zu Zeh,
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Glatt, rosig, sein spärliches Haar wie Schnee,
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Dazu, nach britischem Brauch und Geschmack,
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In weißem Gilet und schwarzem Frack.
 
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Trommeln wirbeln, die Pfeife gellt,
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Und als der Zug vor dem Hause jetzt hält,
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Der Matrose tritt vor: „Herr, bin in Noth,
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Erbarmt Euch, sie schleppen mich in den Tod,
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Chilenisch Volk, es klagt mich an,
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Ich sei der Mörder, ich hätt’ es gethan,
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Ein Andrer führte Stoß und Stich,
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Unschuldig bin ich, rettet mich.“
 
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Ein Murmeln, ein Murren. Noch hält der Hauf,
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Consul Cunnigham steigt auf das Flachdach hinauf,
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Auf dem Flachdach oben, leis und lind
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Englands Flagge spielt im Wind;
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Die läßt er herab jetzt, – um Schulter und Frack
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Schlingt er ruhig-bedächtig den Union-Jack,
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Dann wieder treppabwärts: „Nun laßt uns gehn.
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Ich will Dich begleiten. Wir wollen sehn.“
 
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Und draußen, auf dem Hügel von Sand,
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In des Todes Aug’ der Matrose stand,
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Peloton tritt vor, schon schlagen sie an,
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Da, über den verlornen Mann,
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Wirft der Consul das Flaggtuch: „Nun schieße, wer mag;
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Fire, but don’t hurt the flag!“
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Da senken die Gewehre sich still,
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Keiner, der es wagen will.
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Wann kommt auch für uns der goldne Tag:
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Fire, but don’t hurt the flag!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.3 KB)

Details zum Gedicht „Fire, but don’t hurt the flag!“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
42
Anzahl Wörter
289
Entstehungsjahr
1895
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Fire, but don’t hurt the flag!“ wurde von dem deutschsprachigen Dichter Theodor Fontane im späten 19. Jahrhundert verfasst. Fontane ist einer der wichtigsten Vertreter des poetischen Realismus.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht wie eine dramatische Erzählung. Den Leser erwartet eine kämpferische Auseinandersetzung, in deren Mittelpunkt zwei Figuren stehen: Consul Cunningham und ein britischer Matrose. Die handelnden Figuren und die Handlungsorte lassen dabei einen historischen Kontext vermuten, der jedoch nicht näher bestimmt wird. Die Atmosphäre ist von Spannung und Gefahr geprägt.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um einen britischen Matrosen, der vom chilenischen Volk beschuldigt wird, einen Mord begangen zu haben. Er wird vor den Augen von Consul Cunningham, einem Vertreter Englands in Chile, zum Tode verurteilt. Cunningham jedoch greift für den Matrosen ein und bringt mit der Geste, die britische Flagge als Schutz über den Matrosen zu werfen, seine Soldaten dazu, ihre Waffen zu senken. Es wird damit die Macht einer nationalen Symbolik und gleichzeitig die Bedeutung diplomatischer Vertretung und Schutzpflicht zum Ausdruck gebracht.

Formal zeigt das Gedicht eine klare Struktur. Es besteht aus sieben Strophen mit unterschiedlicher Länge. Es gibt keinen festen Reimschema, aber die Worte sind rhythmisch und melodisch arrangiert. Die Sprache ist klar und direkt, jedoch reich an bildhaften Ausdrücken und Metaphern.

Auffallend ist das wiederholte Auftreten der Phrase „Fire, but don’t hurt the flag!“, welche als Titel des Gedichts dient. Diese prägnante Aussage betont das Leitmotiv des Gedichtes: Trotz der unmittelbaren Bedrohung durch den Beschuss wird das Nationale Symbol, die Flagge, als etwas Unverletzliches dargestellt. Es wird aufgefordert, zu schießen, aber nicht die Flagge zu verletzen. Das verdeutlicht einerseits die Wertschätzung und den Respekt vor nationalen Symbolen, andererseits die potentielle Macht, die solche Symbole ausüben können.

Weiterhin lässt sich das Gedicht als Kritik an willkürlicher Gewalt und gleichzeitig als Plädoyer für den Schutz von Individuen durch Nationen interpretieren. Fontanes Meisterschaft ist es, diese Themen in einer spannungsreichen Erzählung und bildhafter Sprache zu präsentieren.

Weitere Informationen

Theodor Fontane ist der Autor des Gedichtes „Fire, but don’t hurt the flag!“. 1819 wurde Fontane in Neuruppin geboren. 1895 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Stuttgart und Berlin. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Realismus zuordnen. Bei dem Schriftsteller Fontane handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 289 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 42 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Theodor Fontane sind „Auf der Treppe von Sanssouci“, „Ausgang“ und „Barbara Allen“. Zum Autor des Gedichtes „Fire, but don’t hurt the flag!“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 214 Gedichte vor.

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