Fallschirmsprung meiner Begleiterin von Joachim Ringelnatz
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Wie sie den Fallschirm mir zeigt und erklärt, |
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Kann ich nur halb zuhörn und zusehen. |
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Ich muß daran denken, wie ganz verkehrt |
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Oft Frauen mit ihren Schirmen umgehen. |
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Ich bin doch sonst kein solch Angstpeter. |
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Aber nun – – Und nun sind wir so weit, |
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Vielmehr so hoch. Etwa zweitausend Meter! |
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Wir erheben uns. „Alles bereit?“ |
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Ich öffne die Türe. |
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„Gott soll Sie erhalten |
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Und Ihren seidenen Schirm entfalten. |
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Ich schösse mich tot, wenn ich jemals erführe – –“ |
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Mir graust. |
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Das Frauenzimmer ist abgesaust. |
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Ich blicke ihr nach. Einmal überschlägt sie |
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Sich, wird ein Punkt, dann ein Pünktchen, und, ach, |
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Plötzlich ein sonnig blitzendes Dach, |
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Und ich weiß: das Dach trägt sie. |
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Ich schließe die Türe und reiße die Watte |
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Aus meinen Ohren. Ich fühle mich frei |
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Und sicher. Und ärgre mich doch dabei, |
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Weil sie mehr Schneid als ich hatte. |
Details zum Gedicht „Fallschirmsprung meiner Begleiterin“
Joachim Ringelnatz
3
22
138
1929
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Der Autor des vorgestellten Gedichts ist Joachim Ringelnatz, ein deutscher Schriftsteller und Kabarettist, der von 1883 bis 1934 lebte. Das Gedicht entstammt daher der Epoche der klassischen Moderne.
Der erste Eindruck des Gedichts ist von witziger Leichtigkeit und einem Hauch von Abenteuerlust geprägt. Gleichzeitig spürt man aber auch eine gewisse Unsicherheit und den inneren Kampf des lyrischen Ichs.
Inhaltlich geht es in diesem Gedicht um eine Fallschirmsprung-Situation, in der die Begleiterin des lyrischen Ichs einen Fallschirmsprung wagt, während das Ich selbst eher kritisch und unsicher ist und zögert. Die Frau präsentiert sich mutig und unerschrocken, was beim lyrischen Ich zu einer Mischung aus Bewunderung und Ärger führt, da es sich selbst als weniger mutig wahrnimmt.
Die Aussage des lyrischen Ichs lässt sich als eine Auseinandersetzung mit Fragen des Muts, der Rollenerwartungen und dem Leidensdruck durch Vergleiche und Wettbewerb deuten. Durch ihr mutiges Handeln wirft die Begleiterin Fragen auf nach Geschlechterrollen, persönlichem Mut und der Fähigkeit, Risiken einzugehen.
Das Gedicht folgt keiner klassischen Form, sondern hat einen freien Versaufbau mit teilweise gereimten Versen und gereimten Verspaaren. Der Sprachstil ist alltäglich und humorvoll, mit gelegentlichen Verwendung von Umgangssprache. Ringelnatz bedient sich einer bildhaften, teils ironischen Sprache, die den inneren Konflikt des lyrischen Ichs und seinen gewissen Neid auf die mutige Frau zum Ausdruck bringt.
Insgesamt ist dieses Gedicht somit ein humorvolles und zugleich nachdenkliches Werk, das auf unterhaltsame Weise Fragen nach Mut, Geschlechterrollen und persönlicher Freiheit aufwirft.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Fallschirmsprung meiner Begleiterin“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1929 entstanden. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 22 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 138 Worte. Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Abglanz“, „Abschied von Renée“ und „Abschiedsworte an Pellka“. Zum Autor des Gedichtes „Fallschirmsprung meiner Begleiterin“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.
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Zum Autor Joachim Ringelnatz sind auf abi-pur.de 560 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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