Falken-Beize von Rainer Maria Rilke
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Kaiser sein heißt unverwandelt vieles |
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überstehen bei geheimer Tat: |
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wenn der Kanzler nachts den Turm betrat, |
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fand er ihn, des hohen Federspieles |
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kühnen fürstlichen Traktat |
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in den eingeneigten Schreiber sagen; |
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denn er hatte im entlegnen Saale |
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selber nächtelang und viele Male |
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das noch ungewohnte Tier getragen, |
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wenn es fremd war, neu und aufgebräut. |
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Und er hatte dann sich nie gescheut, |
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Pläne, welche in ihm aufgesprungen |
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oder zärtlicher Erinnerungen |
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tieftiefinneres Geläut |
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zu verachten, um des bangen jungen |
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Falken willen, dessen Blut und Sorgen |
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zu begreifen er sich nicht erließ. |
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Dafür war er auch wie mitgehoben, |
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wenn der Vogel, den die Herren loben, |
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glänzend von der Hand geworfen, oben |
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in dem mitgefühlten Frühlingsmorgen |
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wie ein Engel auf den Reiher stieß. |
Details zum Gedicht „Falken-Beize“
Rainer Maria Rilke
4
22
118
1918
Moderne
Gedicht-Analyse
Das uns vorliegende Gedicht stammt von Rainer Maria Rilke, einem bedeutsamen Vertreter der Lyrik des frühen 20. Jahrhunderts. Obwohl Rilke während einer Zeit schrieb, die von starken gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt war, zeichnen sich seine Werke oft durch eine gewisse Zeitlosigkeit und Universalität aus.
Beim ersten Durchlesen des Gedichts fallen insbesondere die Elemente der Macht, Entscheidungsfindung und Verantwortung auf. Faszinierend ist zudem, wie Rilke das Bild des Falken nutzt, um mehrschichtige Bedeutungen und Assoziationen zu erzeugen. Die starke symbolische Aufladung des Falken in literarischen und kulturellen Kontexten spielt hierbei eine wichtige Rolle.
Inhaltlich scheint das Gedicht eine Art Allegorie auf den Prozess der Macht und Machtausübung darzustellen. Das lyrische Ich beschreibt die Herausforderungen und Verantwortungen, die mit einer Position der Autorität – hier symbolisiert durch das „Kaiser sein“ – einhergehen. Teil dieses Prozesses ist auch der Umgang mit einer fremden, „neuen und aufgebräuten“ Kreatur, die möglicherweise eine unkonventionelle Idee oder ein neues Projekt repräsentiert.
Das lyrische Ich bringt diese Schwierigkeiten zum Ausdruck, indem es die Anstrengung und Sorge betont, die mit dem Halten und Heben des Falken verbunden sind. Dabei wird zugleich die Fähigkeit des lyrischen Ichs unterstrichen, sich dieser Aufgabe zu stellen und sich nicht vor ihren Herausforderungen zu scheuen - es verachtet Pläne, um sich um den „bangen jungen Falken“ zu kümmern. Es sorgt sich um diesen und versteht dessen „Blut und Sorgen“.
Formal folgt das Gedicht keiner strengen Versform, die Strophen haben zwischen vier und sieben Verse und es gibt keinen auffälligen Reimschema. Die Verslänge variiert ebenfalls, was ein unregelmäßiges Rhythmusgefüge und damit eine gewisse Spontaneität und Dynamik erzeugt.
Rilkes Sprache ist wie gewohnt reich an Metaphern und von einer starken Bildhaftigkeit geprägt. Worte wie „Hochfederspiel“ und „bangen jungen Falken“ laden die Verse mit Assoziationen und tieferen Bedeutungen auf. Ausdrücke wie „tiefinneres Geläut“ oder „mitgefühlter Frühlingsmorgen“ zeigen zudem Rilkes Fähigkeit, Emotionen und Sinneserfahrungen auf subtile Weise in seine Lyrik einzubetten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in „Falken-Beize“ von Rainer Maria Rilke, die Komplexität und Herausforderungen der Macht und Autorität anhand des Bildes des Falken aufgezeigt werden. Der Text verbindet dabei verschiedene Ebenen – persönliche Emotionen, gesellschaftliche Verantwortung und symbolische Bedeutungsladung – zu einer eindringlichen Reflexion über Macht, Entscheidungsfindung und Verantwortungsübernahme.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Falken-Beize“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Rainer Maria Rilke. 1875 wurde Rilke in Prag geboren. Im Jahr 1918 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 118 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 22 Versen. Die Gedichte „Abend“, „Abend in Skaane“ und „Absaloms Abfall“ sind weitere Werke des Autors Rainer Maria Rilke. Zum Autor des Gedichtes „Falken-Beize“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 338 Gedichte vor.
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