Es zog ein Reuter wohl über den Rhein von Wilhelm Busch

Es zog ein Reuter wohl über den Rhein,
Der wollte dem König sein Töchterlein frein;
Er konnte so schöne singen,
Daß Berge und Thale erklingen.
Das hörte dem König sein Töchterlein
Dort oben auf ihrem Schlafkämmerlein,
Sie flocht ihre Haare in Seide,
Mit dem Reuter thut sie wegreisen.
 
»Feinsliebchen nun schnell und schwing dich
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Auf meinen Rappen hinter mich.
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Wir müssen heute noch reiten
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Zweihundert und zwanzig Meilen.«
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Und als sie eine Meile geritten hatten,
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Da sprach sie, es ist schon wieder Tag.
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»Feinsliebchen, wir wollen hüthen
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Unser Rößlein und ich bin müde.«
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Der Reuter nahm seinen Mantelsack
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Und breitet ihn auf das grüne Gras.
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»Feinsliebchen, nun sollst du mich lausen,
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Deine goldenen Haare, die sausen.«
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Er schaute Feinsliebchen wohl unter die Augen.
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»Feinsliebchen, warum bist du so traurig?«
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»Warum sollt ich nicht traurig sein?
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Ich bin ja dem König sein Töchterlein.
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Hätte ich meines Vaters Willen gehorchet,
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Eine Kaiserin wär ich geworden.
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Das aber, das hab ich nun nicht gethan,
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Nun muß ich in dem Lande herummer gahn.
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Meine Kleider, die muß ich verkaufen,
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Das Geld will der Reuter versaufen.«
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Sobald Feinsliebchen das Wort aussprach,
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Ihr Haupt im grünen Grase lag;
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Hier liege, Feinsliebchen, und faule,
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Kein Reuter soll über dich trauern.
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Er hängt sie an einen Feigenbaum.
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Hier häng, Feinsliebchen, und hänge,
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Kein Reuter soll an dich gedenken.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Es zog ein Reuter wohl über den Rhein“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
37
Anzahl Wörter
220
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Es zog ein Reuter wohl über den Rhein“ von Wilhelm Busch ist eine Ballade, die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts verfasst wurde. In dieser Zeit war Busch neben seiner Arbeit als Dichter auch als Karikaturist und Maler bekannt.

Bereits beim ersten Betrachten des Gedichts lässt sich eine dunkle, teils dramatische Stimmung rauslesen. Die dunkle Atmosphäre wird durch die Details in den folgenden Strophen des Ritterromantik Epos verstärkt.

Die Ballade erzählt die Geschichte eines Ritters, der zum Hof eines Königs reist und seine Tochter für sich gewinnt. Die beiden entscheiden, zusammen wegzulaufen, wobei sich ein dynamischer Abschnitt eines gemeinsamen Ritts entwickelt. In weiterer Folge wird die Prinzessin von Gefühlen der Reue gepackt, als sie merkt, dass die Realität einer gemeinsamen Flucht mit dem Ritter den Vorstellungen eines luxuriösen Lebens am Königshof widerspricht. Das Gedicht endet mit der tragischen Ermordung der Prinzessin, die der Ritter an einem Baum aufhängt.

Im Inhalt des Gedichts zeigt das lyrische Ich die Handlungen aus der Perspektive des Ritters. Es werden die romantischen Vorstellungen des Ritters wiedergegeben und später dessen Unverständnis und Wut auf die Prinzessin, die ihre Entscheidung bereut, den Königshof verlassen zu haben.

Das Gedicht ist in hauptsächlich in vierhebigen Jamben verfasst und folgt keinem festen Reimschema. Die Sprache des Gedichts ist einfach und beschreibend, was die Ereignisse und Emotionen der Figuren zugänglich macht. Die Verwendung von Dialogen belebt die Szenen und betont die Emotionalität der Ereignisse. Die Synonyme und Äquivalente, die Busch verwendet, wie „Feinsliebchen“ für die Prinzessin oder „Rößlein“ für das Pferd, geben dem Gedicht zusätzlich Charakter.

Zusammenfassend handelt es sich bei „Es zog ein Reuter wohl über den Rhein“ um eine dramatische, romantische und doch dunkle Ballade, die das Thema der Enttäuschung von romantischen Träumen und den tragischen Konsequenzen davon beleuchtet. Dabei verwendet Busch einfache Sprache und zugängliche Bilder, um die Ereignisse und Emotionen zu verdeutlichen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Es zog ein Reuter wohl über den Rhein“ des Autors Wilhelm Busch. 1832 wurde Busch in Wiedensahl geboren. In der Zeit von 1848 bis 1908 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist München. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 37 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 220 Worte. Die Gedichte „Als Christus der Herr in Garten ging“, „Als er noch krause Locken trug“ und „Also hat es dir gefallen“ sind weitere Werke des Autors Wilhelm Busch. Zum Autor des Gedichtes „Es zog ein Reuter wohl über den Rhein“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 208 Gedichte vor.

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