Es steht eine Linde im tiefen Thal von Wilhelm Busch

Es steht eine Linde im tiefen Thal
Ist unten breit und oben schmal,
Darunter zwei Verliebte saßen,
Die sich ihre Ehe versprochen haben.
»Feinsliebchen, ich thu es dir sagen,
Ich muß noch sieben Jahre wandern.«
»Mußt du noch sieben Jahre wandern,
So heirathe ich einen andern.«
Und als die sieben Jahre ummer waren,
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Da mein Feinsliebchen weggegangen war,
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Da ging ich in den Garten,
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Feinsliebchen zu erwarten.
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Und als ich in den Garten kam,
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Feinsliebchen unter der Linde saß.
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»Guten Tag, guten Tag, du Feine,
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Was machst du hier alleine?
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Sind dir denn Vater oder Mutter gram,
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Oder hast du heimlich einen Mann?«
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»Mein Vater und Mutter sind mir nicht gram,
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Ich habe auch heimlich keinen Mann.«
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Was zog er von seinem Finger?
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Einen Ring von feinem Golde.
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Sieh da, du Hübsche, du Feine,
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Dies soll dein Denkmal sein.
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Was zog er aus seiner Taschen?
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Ein Tuch schneeweiß gewaschen.
 
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Trockne ab, trockne ab deine Äugelein,
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Übers Jahr sollst du mein eigen sein.
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Gestern Abend bin ich geritten durch eine Stadt,
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Da dein Feinsliebchen hat Hochzeit gehalten.
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Was wünschest du ihm zu gut,
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Daß es nicht hat seine Treue gehalten?
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»Ich wünsch ihm so viel Gutes,
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Als Sand am Meere thut fließen.«
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»Hättest du einen Schwur oder Eid gethan,
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Von Stund an wär ich geritten davon.«
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Es steht eine Linde im tiefen Thal“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
215
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Wilhelm Busch, ein deutscher Dichter, Maler und Zeichner, der vor allem für seine humoristischen und satirischen Bildergeschichten bekannt ist. Er lebte von 1832 bis 1908, womit das Gedicht in die Epoche des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts gehört.

Auf den ersten Eindruck ist dieses Gedicht eine melancholische und emotionale Erzählung von unerfüllter Liebe und Trennung. Es erzählt eine traurige Geschichte, die Emotionalität des lyrischen Ichs aber deutlich hervorhebt.

Im Inhalt des Gedichts geht es um ein verliebtes Paar, das sich unter einer Linde verspricht zu heiraten. Doch der Mann muss sieben Jahre wandern, woraufhin die Frau ihm gesteht, dass sie in seiner Abwesenheit einen anderen heiraten wird. Nach sieben Jahren kehrt der Mann zurück, findet die Frau alleine unter der Linde und schenkt ihr einen Ring. Aber er gesteht, dass er schon von ihrer Hochzeit mit jemand anderem weiß und verspricht, dass sie im nächsten Jahr sein soll. Sie beklagt den Verrat des Mannes, auf den er antwortet, dass er sofort weggegangen wäre, hätte sie einen Eid gebrochen.

Inhaltlich wird hier eine tragische, unerwiderte Liebe gezeigt. Der Hauptprotagonist, das lyrische Ich, wird durch das Wandern und die lange Abwesenheit zur tragischen Figur, die unerfüllte Liebe und Verlust durchmacht.

Formal besteht das Gedicht aus 36 Versen, die auf zwei Strophen verteilt sind. Busch verwendet einfache Sprache, die die Geschichte zugänglich macht und das Geschehen sehr bildhaft erzählt. Generell reicht die Sprache von zarten, liebevollen Ausdrücken bis hin zu direkter, roher Ehrlichkeit.

Zusammengenommen erzählt das Gedicht „Es steht eine Linde im tiefen Thal“ von Wilhelm Busch die Geschichte einer unerfüllten Liebe auf eine sehr emotionale und eindringliche Weise. Es zeigt auf tragische Weise das ganze Ausmaß menschlicher Gefühle und das Desaster unerwiderter Liebe auf. Die einfache Sprache und die bildhafte Erzählweise machen die Geschichte leicht zugänglich und emotional greifbar.

Weitere Informationen

Wilhelm Busch ist der Autor des Gedichtes „Es steht eine Linde im tiefen Thal“. Busch wurde im Jahr 1832 in Wiedensahl geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1848 und 1908. Der Erscheinungsort ist München. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 215 Worte. Wilhelm Busch ist auch der Autor für Gedichte wie „Ach, ich fühl es! Keine Tugend“, „Ach, wie geht’s dem Heilgen Vater“ und „Als Christus der Herr in Garten ging“. Zum Autor des Gedichtes „Es steht eine Linde im tiefen Thal“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 208 Gedichte vor.

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