Es lebte an diskretem Orte von Joachim Ringelnatz

Es lebte an diskretem Orte
Ein Stückchen Seife bester Sorte
In einem Porzellanbehälter.
Das ward mit jedem Tage älter.
Und warb mit Moschusochsendunst
Um Menschenliebe, Menschengunst.
Einstmals — das wann und wie ist schnuppe —
Geriet es in die Erbsensuppe.
Der Mensch benahm sich miserabel.
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Er stach die Seife mit der Gabel,
11 
Beroch sie roh und rief: „Pfui, Spinne!“
12 
Da schwanden ihr vor Angst die Sinne.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.9 KB)

Details zum Gedicht „Es lebte an diskretem Orte“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
64
Entstehungsjahr
1924
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht stammt von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten, der von 1883 bis 1934 lebte und vor allem für seine humoristische und teilweise absurde Lyrik bekannt ist. Das Gedicht lässt sich zeitlich in die Weimarer Republik einordnen, der Epoche zwischen den Weltkriegen, die von kultureller Blüte, aber auch von gesellschaftlichen und politischen Umbrüchen geprägt war.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht wie eine amüsante Anekdote, die in typisch Ringelnatzscher Manier eine alltägliche Situation mit skurrilem Humor darstellt. Dabei stehen die ironisch-komischen Elemente im Vordergrund, doch hinter dem Humor könnte auch eine ernstere Botschaft lauern.

Inhaltlich geht es im Gedicht um ein Stück Seife, das ganz unscheinbar in einem Porzellangehälter lebt und sich nach menschlicher Liebe sehnt. Durch unglückliche Umstände gelangt sie in die Erbsensuppe eines Menschen, der darauf mit Abscheu reagiert und sie mit der Gabel heraussticht. Vor Schreck verliert die Seife die Sinne.

Das lyrische Ich scheint hier die Perspektive der Seife einzunehmen und verleiht ihr menschliche Eigenschaften („Menschenliebe“, „Angst“), was als Personifikation bezeichnet wird. Es könnte sein, dass Ringelnatz damit auf die Diskrepanz zwischen dem Wert, den wir Dingen beimessen, und ihrer eigentlichen „Würde“ oder „Sinnhaftigkeit“ aufmerksam machen will. Die Seife ist schließlich etwas Nützliches und Wertvolles, was der Mensch in diesem Gedicht aber nicht zu schätzen weiß.

Formal besteht das Gedicht aus zwölf Versen in einer einzigen Strophe. Der einfache Reimschema abcb erleichtert das Lesen und Unterstreicht den flüssigen, erzählenden Charakter des Gedichts. Sprachlich fällt der humoristisch-ironische Ton auf, der sich etwa in der respektlosen Umgang mit der Seife und in der Verwendung umgangssprachlicher Ausdrücke wie „Pfui, Spinne!“ zeigt. Die sprachlichen Mittel des Gedichts, insbesondere die Personifikation und der Humor, dienen dazu, die von Ringelnatz behandelten Themen spielerisch und unterhaltsam zu vermitteln.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Es lebte an diskretem Orte“ des Autors Joachim Ringelnatz. Der Autor Joachim Ringelnatz wurde 1883 in Wurzen geboren. 1924 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Potsdam. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das 64 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „Abschiedsworte an Pellka“, „Afrikanisches Duell“ und „Alone“. Zum Autor des Gedichtes „Es lebte an diskretem Orte“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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