Es flohn drei Sterne von Wilhelm Busch

Es flohn drei Sterne wohl über den Rhein,
Es hätt eine Witwe drei Töchterlein.
Die eine starb, wie es Abend war
Und die Sonne nicht mehr schiene klar,
Die andre um die Mitternacht,
Die dritte um die Morgenwacht.
 
Sie nahmen sich all’ einander die Händ’
Und kamen vor den Himmel behend,
Sie klopften leise an die Thür,
10 
Sankt Petrus sprach: Wer ist dafür?
11 
Es stehn drei arme Seelen hier,
12 
Ach, mach uns auf die Himmelsthür.
 
13 
Er sprach: ich muß es zeigen an,
14 
Welche von euch soll in Himmel gahn.
15 
Darauf ging er hin und fragte nach;
16 
Die Himmelsstimme also sprach:
17 
Die ältsten zwei soll’n hier eingehn,
18 
Die jüngste muß bleiben stehn.
 
19 
Sie schrie und sprach: was hab ich gethan,
20 
Daß ich hier bleiben soll bestahn?
21 
Sankt Petrus sprach: weil du veracht
22 
Gotts Wort, deine Seele nicht bedacht,
23 
So geh nun hin und siehe zu,
24 
Wo du find’st in der Höllen Ruh!
 
25 
Denn, wenn du in die Kirche sollt’st gehn,
26 
So bliebst du vor dem Spiegel stehn,
27 
Dein Haupt gekrönt, dein Haar geschmieret,
28 
Und dich hoffärtig aufgezieret;
29 
Drum geh nun fort und packe dich!
30 
Die Hölle wird aufnehmen dich.
 
31 
Als sie nun vor die Hölle kam,
32 
Da klopfte sie gar grausam an;
33 
Der Satan sprach: Wer ist allhier?
34 
Es ist eine arme Seel’ dafür!
35 
Drauf sprang er auf und ließ sie ein
36 
Und schenkt ihr ein ein glühenden Wein.
 
37 
Als sie nun aus dem Becher trank,
38 
Das Blut ihr aus den Nägeln sprang,
39 
Er bracht’ sie in den höllischen Pfuhl
40 
Und setzt’ sie auf ein glühenden Stuhl.
41 
Ja, ihre Qual war übergroß,
42 
Sie kriegte manchen harten Stoß.
 
43 
Sie sprach: ist meiner Mutter Schuld,
44 
Daß sie mein Bosheit hat erduld’t
45 
Und mich in Frevel lassen gehn,
46 
Nicht einmal sauer drum gesehn;
47 
Da meine Schwestern im Himmelssaal,
48 
So sitz ich in der Höllenqual.
 
49 
Was hilft mir nun mein Übermuth,
50 
Mein Reichthum, Ehre, Geld und Gut?
51 
Was hilft mir nun all Zierd’ und Pracht?
52 
Ach, hätt ich nie daran gedacht,
53 
So säß ich nicht in diesen Flammen,
54 
Da alle Qualen schlagen zusammen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.6 KB)

Details zum Gedicht „Es flohn drei Sterne“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
54
Anzahl Wörter
342
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht wurde von Wilhelm Busch verfasst, einem deutschsprachigen Autor und Zeichner, der im 19. Jahrhundert lebte.

Erste Eindrücke des Gedichts sind von Trauer, Tod und Buße geprägt. Das Werk erzählt eine klare Geschichte, das erleichtert das Verständnis ganzer Inhalte.

Der Inhalt des Gedichts handelt von einer Witwe, die drei Töchter hat. Diese sterben zu verschiedenen Tageszeiten und kommen zusammen vor das Himmelstor. Zwei von ihnen dürfen eintreten, die jüngste jedoch wird abgewiesen. Der Grund dafür liegt darin, dass sie Gottes Wort missachtet und ein hoffärtiges, vergnügliches Leben geführt hat. Sie muss in die Hölle gehen, wo sie Qual und Leid erfährt. Während ihre Schwestern im Himmel sind, leidet sie und bereut ihr Verhalten.

Die Nachricht des lyrischen Ichs ist vor allem eine moralische. Es betont die Notwendigkeit der Achtung vor Gott und des rechtschaffenen Verhaltens. Es verurteilt Stolz, Selbstverherrlichung und Oberflächlichkeit und verbindet diese Eigenschaften mit ewiger Verdammnis.

Die Form des Gedichts folgt der von Balladen ähnlichen Struktur mit gleichbleibender Strophen- und Versanzahl. Auch das Reimschema ist stabil und erzeugt eine konstante rhythmische Struktur, die der traurigen und unbeugsamen Stimmung des Inhalts dient. Die Sprache des Gedichts ist einfach und direkter, was für Buschs Stil typisch ist und die moralische Botschaft des Gedichts unterstreicht.

Dieses Gedicht ist insgesamt ein anschauliches Beispiel für die Religiosität und strenge, moralische Weltanschauung, die in Buschs Werk oft vorkommt. Es zeigt eindrucksvoll das Ideal der Rechtschaffenheit gegenüber der verurteilten Oberfläche und Oberflächlichkeit.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Es flohn drei Sterne“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Wilhelm Busch. Im Jahr 1832 wurde Busch in Wiedensahl geboren. Im Zeitraum zwischen 1848 und 1908 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 342 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 54 Versen. Der Dichter Wilhelm Busch ist auch der Autor für Gedichte wie „Ach, wie geht’s dem Heilgen Vater“, „Als Christus der Herr in Garten ging“ und „Als er noch krause Locken trug“. Zum Autor des Gedichtes „Es flohn drei Sterne“ haben wir auf abi-pur.de weitere 208 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Wilhelm Busch

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Wilhelm Busch und seinem Gedicht „Es flohn drei Sterne“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Wilhelm Busch (Infos zum Autor)

Zum Autor Wilhelm Busch sind auf abi-pur.de 208 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.