Erscheinung von Otto Ernst

Eine düst’re Wolke seh’ ich schwimmen
Durch den abendlichen Himmelsraum.
Nur um ihres Scheitels Zacken glimmen
Zarte Lichter wie ein Flockensaum.
 
Gleichwie starrgewalt’ge Bergesschroffen
Ragt die Wolke hoch in den Azur.
Doch um ihre Stirne lichtgetroffen
Hängt des Alpenglühens Rosenflur.
 
Denn verborgen hinter jener Mauer
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Strömt der Gnadenquell des Sonnenlichts,
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Und die Wolke, uns ein Bild der Trauer,
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Blickt nach dort verklärten Angesichts.
 
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Also sah ich düst’re Menschenstirnen
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In den Grenzen dieser Erde auch:
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Sie umfloß wie Glanz der Alpenfirnen
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Eines fremden Lichtes leiser Hauch.
 
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Augen sah ich, die dem Hier entrinnen,
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Das mit Tränenschatten sie umhüllt;
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Doch versunken war ihr Blick nach innen
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Und von dort mit sel’gem Glanz erfüllt. –
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Erscheinung“

Autor
Otto Ernst
Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
115
Entstehungsjahr
1907
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Erscheinung“ wurde von Otto Ernst geschrieben, einem deutschen Dichter, der vom 7. Oktober 1862 bis zum 5. März 1926 lebte. Sein Schreiben kann damit in die Periode des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts eingegliedert werden, welche oft als Epoche des Naturalismus und Symbolismus betrachtet wird.

Auf den ersten Blick scheint das Gedicht die Atmosphäre eines Abends darzustellen, in dem der Himmel von einer dunklen Wolke bedeckt ist. Diese Wolke wird jedoch von einem unsichtbaren Sonnenlicht beleuchtet, was ein malerisches und romantisches Bild erzeugt.

In Bezug auf den Inhalt scheint das lyrische Ich sich auf eine eindrucksvolle Wolke zu konzentrieren, die es im Himmel sieht. Aber das lyrische Ich fährt fort zu offenbaren, dass die vermeintlich düstere Wolke eigentlich von einem hinter ihr liegenden, verborgenen Licht erhellt wird. Hier gibt es einen subtilen Übergang von der physischen zur metaphorischen Dimension, indem der Dichter eine Parallele zieht zwischen diesen von Licht erhellten Wolken und menschlichen Gesichtern, die trotz ihrer Schwierigkeiten und ihres Leidens von einem inneren Licht erfüllt sind.

In Bezug auf die Form gibt es in diesem Gedicht eine bestimmte Struktur, mit fünf Strophen, jede mit vier Versen. Die Sprache von Ernst ist malerisch und bewegend, reich an Naturmetaphern und Symbolik. Insbesondere verwendet er Kontraste, wie die düstere Wolke gegen das strahlende Licht oder Tränen gegen das innere Glück, um Emotionen hervorzurufen und seine Aussagen zu betonen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass „Erscheinung“ ein eindrucksvolles und metaphorisch dichtes Gedicht ist, das die komplexe menschliche Natur und die Hoffnung auf innere Stärke und Erlösung von Schmerz und Traurigkeit thematisiert. Es ist ein typisches Werk von Otto Ernst und reflektiert auf subtile Weise seine Sensibilität und sein Gespür für die menschliche Psyche.

Weitere Informationen

Otto Ernst ist der Autor des Gedichtes „Erscheinung“. Geboren wurde Ernst im Jahr 1862 in Ottensen bei Hamburg. 1907 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 115 Worte. Die Gedichte „Auf dem Morgengange“, „Auflösung“ und „Aus einer Nacht“ sind weitere Werke des Autors Otto Ernst. Zum Autor des Gedichtes „Erscheinung“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 64 Gedichte vor.

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