Erotischer Missmuth von Susanne von Bandemer

Fluch sey dir, verrätherische Liebe!
Alles Unglück stammet von dir her,
Du verschleierst nur entweihte Triebe,
Und die Menschheit kennet dich nicht mehr.
 
Buhlerey ist was man Liebe nennet,
Falschheit und Betrug strebt nach Genuß;
Und Begierde, die das Herz entbrennet,
Schändet oft der Freundschaft heil’gen Kuß.
 
Nicht Gefühl, das noch in jenem Leben
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Unsres Daseyns Seligkeit vermehrt:
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Das den Geist zum Engel kann erheben,
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Und der Menschheit Würde nie entehrt.
 
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Nichts von dem wird in dem Busen lodern,
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Der sich buhlerischer Liebe weiht:
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Was die Lüsternheit der Sinne fodern,
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Nennet man Gefühl und Zärtlichkeit.
 
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Nein, so hass’ ich, Liebe, deine Bande,
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Deiner Allmacht flucht mein blutend Herz!
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Und doch fühl’ ich noch, zu meiner Schande,
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Deiner Qualen ungeheilten Schmerz.
 
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Fühle sie bis zu der letzten Stunde,
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Wo des Lebens Zauberrausch verfliegt,
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Und der Richter die geschlagne Wunde
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Meines Herzens – meine Thränen, wiegt.
 
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Gab ich nicht so rein und unbefangen
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Alles, was die Liebe geben kann,
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Ihm, dem Einzigen! den mein Verlangen
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Heiß und voller Sehnsucht liebgewann?
 
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Aber, ach! es ändern sich die Scenen
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Eh’ der Knoten noch sich fest geschürzt;
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Und benetzt mit tausend heißen Thränen
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Liegt mein Glück hin in ein Nichts gestürzt.
 
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O, so mag dieß Herz mein Urtheil sprechen,
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Das allein so wahr, so innig liebt.
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Mag die Wollust nur die Rosen brechen,
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Die sie lächelnd ihren Sklaven giebt.
 
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Ich verachte ihre schnöden Freuden,
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Und die Liebe, die mein Herz verrieth;
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Bis mein Geist nach durchgekämpften Leiden
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Zu dem Thron der reinsten Liebe flieht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27 KB)

Details zum Gedicht „Erotischer Missmuth“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
249
Entstehungsjahr
1802
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Erotischer Missmuth“ wurde von Susanne von Bandemer verfasst, einer Dichterin, die im 18. und 19. Jahrhundert lebte. Unter Berücksichtigung des zeitlichen Kontextes der Autorenschaft – einer Zeit, in der Frauen im Kulturbetrieb eine unterrepräsentierte Minderheit darstellten – gewinnt das Gedicht zusätzliche Bedeutung.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht emotional aufgeladen und leicht melancholisch. Es thematisiert Liebe und Betrug, Enttäuschung und Verzweiflung, und stellt eine Anklage gegen die Verfälschung der wahren Liebe dar.

Das lyrische Ich im Gedicht spricht vehement gegen eine entweihte, verräterische Form der Liebe, von der es offenbar betroffen ist. In den ersten Versen gibt es die Schuld für sein Unglück der Liebe und behauptet, dass sie ihre wahre Bedeutung und Würde verloren hat, scheinbar durch Ersetzung durch Lust und Betrug. Es drückt seinen Widerwillen und Abscheu gegen diese perverse Form der Liebe aus und betont, dass wahre Gefühle und Zärtlichkeit nicht in einem Herzen vorhanden sind, das von diesem Verständnis der Liebe übergangen wird.

Die Mittelstrophen lesen sich wie ein Klagelied über die Enttäuschung und Verletzung, die das lyrische Ich infolge von Verrat erlitten hat. Selbst wenn es die Liebe ablehnt, gibt es zu, noch immer die Wunden und Schmerzen der Liebe zu spüren. In den Schlussstrophen dagegen wird ein subtiler Ton der Hoffnung und Widerstandsfähigkeit angeschlagen, als das lyrische Ich seinen Abscheu gegen diese entweihte Liebe bekräftigt und eine Tendenz zur wahren, reinen Liebe ausdrückt.

Das Gedicht hält sich strikt an eine vierversige Strophenform. Die Sprache ist schwer und emotional, mit einer starken Verwendung von starken, einprägsamen Worten („Fluch“, „Betrug“, „Qualen“) zur Hervorhebung des Themas des Verrats und der Enttäuschung. Es gibt auch einen starken Gebrauch der direkten Ansprache („Fluch sey dir, verrätherische Liebe“), die das Gefühl von Verbindung und Konfrontation zwischen dem lyrischen Ich und der Liebe, dem Objekt seiner Klage, verstärkt.

Insgesamt scheint das Gedicht eine tiefgreifende Analyse und Klage über eine Enttäuschung in der Liebe zu sein, ausgedrückt durch starke und emotionale Sprache. Der Ausdruck von Frustration und Wut, aber auch Hoffnung, deutet auf die Komplexität der menschlichen Emotionen und Erfahrungen in Bezug auf Liebe und Verrat hin.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Erotischer Missmuth“ der Autorin Susanne von Bandemer. Im Jahr 1751 wurde Bandemer in Berlin geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1802 entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 249 Wörter. Es baut sich aus 10 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Weitere Werke der Dichterin Susanne von Bandemer sind „An Elise Reichsgräfin zu S * * * L * * *“, „An Elisen“ und „An Frau Sophie von La Roche“. Zur Autorin des Gedichtes „Erotischer Missmuth“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 86 Gedichte vor.

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