Erneuerung von Wilhelm Busch

Die Mutter plagte ein Gedanke.
Sie kramt im alten Kleiderschranke,
Wo Kurz und Lang, obschon gedrängt,
Doch friedlich, beieinander hängt.
 
Auf einmal ruft sie: Ei sieh da,
Der Schwalbenschwanz, da ist er ja!
 
Den blauen, längst nicht mehr benützten,
Den hinten zwiefach zugespitzten,
Mit blanken Knöpfen schön geschmückt,
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Der einst so manches Herz berückt,
 
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Ihn trägt sie klug und überlegt
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Dahin, wo sie zu schneidern pflegt,
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Und trennt und wendet, näht und mißt,
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Bis daß das Werk vollendet ist.
 
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Auf die Art aus des Vaters Fracke
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Kriegt Fritzchen eine neue Jacke.
 
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Grad so behilft sich der Poet.
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Du liebe Zeit, was soll er machen?
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Gebraucht sind die Gedankensachen
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Schon alle, seit die Welt besteht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Erneuerung“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
114
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Erneuerung“ wurde von Wilhelm Busch verfasst, einem deutschen Schriftsteller, Dichter und Zeichner, der vor allem durch seine humoristischen und satirischen Bildergeschichten bekannt geworden ist. Er lebte von 1832 bis 1908, womit das Gedicht in den Kontext des 19. Jahrhunderts eingeordnet werden kann.

Beim ersten Eindruck fällt auf, dass das Gedicht einen Erzählstil aufweist und in einer recht alltäglichen und gut verständlichen Sprache verfasst ist. Es erläutert eine kleinschrittige und detailreiche Handlung, die als Metapher für den kreativen Prozess steht.

Im Gedicht wird beschrieben, wie eine Mutter ein altes Kleidungsstück ihres Mannes, einen Schwalbenschwanz, hervorholt und es so umarbeitet, dass daraus eine neue Jacke für das Kind, Fritzchen, entsteht. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass dieses Bild eine Metapher für die Arbeit des Dichters bzw. des Poeten ist. Genau wie die Mutter, die aus alten Materialien etwas Neues schafft, bedient sich auch der Dichter bereits vorhandener „Gedankensachen“, um daraus neue Werke zu gestalten. Der lyrische Sprecher unterstreicht damit die Tatsache, dass Originalität nicht darin besteht, das Rad neu zu erfinden, sondern vorhandenes Material auf neue und innovative Weise zu verwenden.

Die Form des Gedichts ist durch sechs Strophen gekennzeichnet, die jeweils aus zwei oder vier Versen bestehen. Dieser variable Strophenbau erzeugt einen dynamischen Rhythmus, der das Interesse des Lesers aufrecht erhält. Der Erzählstil und die direkte Ansprache des Lesers in der letzten Strophe tragen dazu bei, dass das Gedicht sehr zugänglich und verständlich ist.

Die Sprache des Gedichts ist schlicht und klar, ohne viele bildliche oder metaphernreiche Ausdrücke. Busch verwendet eine alltägliche und einfache Sprache, die dem Thema des Gedichts – der Wiederverwertung – entspricht. Auf diese Weise schafft er eine Brücke zwischen der Handlung der Mutter und der Arbeit des Dichters.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Gedicht „Erneuerung“ von Wilhelm Busch eine Metapher für den kreativen Prozess ist und in seiner einfachen und klaren Sprache und Form dazu aufruft, den Wert der Wiederverwertung und der Neuinterpretation bereits vorhandener „Materialien“ zu erkennen.

Weitere Informationen

Wilhelm Busch ist der Autor des Gedichtes „Erneuerung“. 1832 wurde Busch in Wiedensahl geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1848 bis 1908 entstanden. Der Erscheinungsort ist Wiesbaden u. Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zu. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 114 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Die Gedichte „Auf Wiedersehn“, „Auf den Sonntag früh Morgen“ und „Bedächtig“ sind weitere Werke des Autors Wilhelm Busch. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Erneuerung“ weitere 208 Gedichte vor.

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