Erinnerung an die Rudelsburg von Louise Otto-Peters
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Wir weilten in alten Ruinen |
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Ein junges glückliches Paar, |
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Mit liebeseligen Mienen, |
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Das treu verbunden war. |
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Wir sprachen mit Kuß und Scherzen, |
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Mit Wonneblick und Thrän |
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Von unsern seligen Herzen, |
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Die fester als Burgen stehn! – |
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Will ich nun wiedersehen |
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Die Stätte meines Glücks, |
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So muß ich einsam gehen, |
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Gesenkten, trüben Blick’s. |
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Der damals mich umfangen |
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Sank wie dies Bergschloß ein! |
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Von beiden die vergangen |
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Spricht nur noch das Gestein! |
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II. |
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„Hörst du die Saale drunten flüstern? |
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O mein Geliebter – da hinab! |
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Könnt Trennung uns das Leben düstern, |
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Dort ist für uns ein einig Grab!“ |
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So rief ich aus voll Liebesbeben, |
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In meines Herzens Ahnungsgrauen, |
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Du aber sprachst von Glück und Leben |
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Mit heiterlächelndem Vertrauen: |
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„Nicht Trennung kann das Leben haben, |
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Mein Liebchen, ja für dich und mich, |
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Nur Liederflut mag uns begraben |
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Und Deine Locken decken mich!“ |
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Nun bist du, Liebster, doch begraben, |
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Auf kalter Brust die Locke mein – |
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Kann mich die Liederflut noch laben, |
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Die jetzt umwogt nur mich allein? |
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Ach, wie wir damals uns umschlungen |
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Hättst „Schwärmrin“! du mich nicht genannt |
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So wären wir hinabgesprungen |
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Und hätten Trennung nie gekannt. |
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So wär ich nicht allein geblieben |
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In dieser kalten, öden Welt, |
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Die, weil ich nicht kann wieder lieben, |
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Mein Herz für kalt und fühllos hält. |
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Doch muß ich noch im Leben ringen: |
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Wohlan – der Liebe Glück ist hin, – |
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Noch aber kann ich mutig singen: |
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Noch lebt mein freier, stolzer Sinn! |
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Noch kann ich kämpfen mit Ruinen, |
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Die so wie diese ringsum stehn, |
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Noch kann der neuen Zeit ich dienen, |
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Und froh das Alte weichen sehn. |
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Noch kann ich wie die Saale drunten |
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Dem Vorwärtswogen froh mich weihn – |
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Doch hab ich einsam stille Stunden |
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Träum ich von Liebe – ewig Dein! – |
Details zum Gedicht „Erinnerung an die Rudelsburg“
Louise Otto-Peters
14
53
282
1840-1850
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht, das analysiert werden soll, ist „Erinnerung an die Rudelsburg“ von Louise Otto-Peters. Otto-Peters lebte von 1819 bis 1895 und war eine Vertreterin der bürgerlichen Frauenbewegung in Deutschland. Ihre Werke veröffentlichte sie im Zeitalter des Vormärz und der Märzrevolution, sie ist also dem Realismus zuzuordnen.
Auf den ersten Blick kann man eine tiefe Melancholie und Sehnsucht des lyrischen Ichs im Gedicht bemerken. Diese verbinden sich mit starken Erinnerungen an vergangene Zeiten und die Vergänglichkeit der Liebe.
Inhaltlich geht es in diesem Gedicht um eine Frau, die sich an die schöne gemeinsame Zeit mit ihrem Geliebten erinnert. Sie schildert ihre glücklichen Momente in einer alten Ruine, die metaphorisch für ihre unzerstörbare Liebe steht, die jedoch im weiteren Verlauf des Gedichts zerbricht. Der Partner scheint verstorben zu sein, was sie tief trauern lässt und sie sich in melancholischer Sehnsucht nach den vergangenen Zeiten sehnt. Sie reflektiert auch über das Leben und ihre eigenen Emotionen nach dem Verlust. Obwohl sie einsam und traurig ist und stark unter der Trennung leidet, zeigt das lyrische Ich dennoch einen starken Willen, die Herausforderungen des Lebens zu bewältigen.
Sprachlich zeichnet sich das Gedicht durch emotionale, bildhafte und metaphorische Ausdrücke aus, die die tiefen Gefühle des lyrischen Ichs widerspiegeln. Die Struktur des Gedichtes ist durch den Wechsel von vierzeilige Strophen und einer Einzelversstrophe charakterisiert. Der Reim ist durchgängig, was das Gedicht wohlklingend und rhythmisch macht.
Die Themen Liebe, Verlust und Melancholie stehen im Zentrum dieses Gedichts. Dementsprechend zeigt es in starkem Maße die Gefühlswelt der Autorin und trägt wahrscheinlich auch autobiografische Züge. Darüber hinaus lässt sich aber auch der Stolz und der kämpferische Geist der Autorin erkennen, was sehr gut zu ihrer Rolle als Frauenrechtlerin passt.
Weitere Informationen
Die Autorin des Gedichtes „Erinnerung an die Rudelsburg“ ist Louise Otto-Peters. Im Jahr 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1850 zurück. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her der Epoche Realismus zuordnen. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 282 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 53 Versen mit insgesamt 14 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Louise Otto-Peters sind „An Byron“, „An Georg Herwegh“ und „An Ludwig Börne“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Erinnerung an die Rudelsburg“ weitere 106 Gedichte vor.
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Zum Autor Louise Otto-Peters sind auf abi-pur.de 106 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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