Erinnerung von August Ernst von Steigentesch

An Lyda

Im Ulmenhaine, wo mich ernst und düster
Die Wehmuth oft in deinem Arm beschlich,
Wandl’ ich allein. Im leisen Blattgeflüster
Ahnt meine Seele dich.
 
Den Hain, in dem sich Tag und Dunkel gatten,
Durchrauscht ein Quell, von Geisblatt überwebt:
Dein Bild umschwebt den Quell, sanft wie ein Schatten
An Lethes Ufern schwebt.
 
Des Lebens oft empörte Stürme schweigen,
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Sanft, wie der Mond, verhüllt sie hier die Nacht,
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Wenn Filomele in den stillen Zweigen
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Des dunklen Hains erwacht.
 
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Verblühte Bilder früher Tage keimen
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Im zarten Grau der Dämmerung empor
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Die Hoffnung hält mir, unter Feenträumen,
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Der Zukunft Blüthen vor.
 
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Dann träum’ ich mich zum fernen Seegestade
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Im Dämmerlicht an deine Seite hin.
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Die Täuschung flieht, der Spiegel der Najade
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Sagt daß ich einsam bin.
 
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Und einsam streu’ ich Blumen auf die Quelle
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Zum Todtenopfer dir Vergangenheit!
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Und weinend wird der Wehmuth diese Stelle
24 
Zum Tempel eingeweiht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.8 KB)

Details zum Gedicht „Erinnerung“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
145
Entstehungsjahr
1799
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht mit dem Titel „Erinnerung“ wurde von August Ernst von Steigentesch verfasst, der von 1774 bis 1826 lebte. Bei der zeitlichen Einordnung befinden wir uns somit im Zeitalter der Romantik.

Das Gedicht hinterlässt beim ersten Lesen einen melancholischen, nachdenklichen Eindruck. Die Naturbilder und die Betonung der Gefühle deuten auf eine romantische Lyrik hin.

Inhaltsbezogen geht es in dem Gedicht um das lyrische Ich, das durch einen Ulmenhain wandert, wo es früher gemeinsam mit einer anderen Person verweilte. Diese Person scheint nun nicht mehr bei ihm zu sein, und es fühlt eine tiefe Melancholie. Trotz seiner Einsamkeit fühlt das lyrische Ich durch die Erinnerungen und die Natur um ihn herum eine tiefe Verbindung zu der abwesenden Person. Das Bild der Natur reflektiert seine Gefühle und Erinnerungen: der Quell, der Ulmenhain, der Mond und die Nacht, alles erinnert ihn an die Vergangenheit. Der Wunsch, wieder mit der anderen Person zusammen zu sein, ist stark, aber es erkennt, dass dies nur eine Illusion ist. Das lyrische Ich versucht, mit der Vergangenheit abzuschließen und sie zu ehren, indem es Blumen auf die Quelle streut.

Formal besteht das Gedicht aus sechs gleich strukturierten Strophen mit je vier Versen. Der Aufbau ist stringent in der Verwendung dieser Vierzeiler. Die Sprache des Gedichts ist geprägt von Natursymbolik und lebt von den zahlreichen Metaphern und bildhaften Beschreibungen. So stehen zum Beispiel die „Stürme des Lebens“, „verblühte Bilder“ oder der „Spiegel der Najade“ sinnbildlich für die inneren Empfindungen des lyrischen Ichs. Die sprachliche Gestaltung ist insgesamt sehr bildhaft und emotional, was typisch für die Romantik ist. Die Natur wird als Spiegel der Seele des lyrischen Ichs dargestellt und die Vergänglichkeit des Lebens wird betont.

Alles in allem handelt es sich bei „Erinnerung“ um ein typisches romantisches Gedicht, dass die Sehnsucht, Melancholie und die tiefe Verbundenheit mit der Natur betont. Es spiegelt die typischen Motive und die poetischen Stilmittel der Romantik wider. Es zeigt die introspektive Auseinandersetzung des lyrischen Ichs mit Verlust und der Vergänglichkeit der Zeit.

Weitere Informationen

August Ernst von Steigentesch ist der Autor des Gedichtes „Erinnerung“. Der Autor August Ernst von Steigentesch wurde 1774 in Hildesheim geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1799 zurück. Erschienen ist der Text in Tübingen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Klassik oder Romantik zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 145 Worte. Weitere Werke des Dichters August Ernst von Steigentesch sind „An mein Reitpferd“, „Wiegenlied“ und „Wiegenlied“. Zum Autor des Gedichtes „Erinnerung“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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