An Ihn von Susanne von Bandemer

Kennst du das Land? das Wielands Danischmend,
Der weise Mann, das Thal von Jemal nennt,
Wo in dem süßen Einklang der Natur,
Für ihre Kinder, ewig blüht die Flur.
Kennst du das Land? Dahin, dahin
Möcht’ ich mit dir, Freund meiner Seele, ziehn.
 
Kennet du die Insel, welche Pelew heißt,
Die uns der Britte Wilson glühend preist;
 
Wo Freundschaft, Lieb’ und hohe Seelenruh
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Vereinet war im zärtlichen Li-Bu.
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Kennst du die Insel? O, dahin
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Möcht’ ich mit dir zu diesem Völckchen ziehn.
 
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Kennst du ein Land? wo hoher fester Muth
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Auf Hermans und Thusnelda’s Enkel ruht,
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Wo in der Barden heil’gem Eichenhain
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Sie nie den deutschen Biedersinn entweih’n.
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Kennst du das Land? dahin, dahin
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Möcht’ ich von dem verderbten Volke ziehn.
 
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Kennst du die Insel? Tinian genannt,
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Die reizend, gleich dem Elyseerland
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Das Aug’ entzückt. Wo, wie durch Feenmacht,
 
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Natur in der Vollendung Schönheit lacht.
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Kennst du die Insel? O, dahin
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Möcht’ ich mit diesem wunden Herzen ziehn.
 
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Kennst du ein Land? – (nicht in Brittania,
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Nicht in der Schweitz, und nicht in Gallia,)
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Wo das Idol der wahren Freyheit thront,
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Die jetzt vielleicht auf San Marino wohnt.
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Kennst du das Land? Dahin, dahin
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Möcht’ ich mit dir, du Sohn der Musen, ziehn.
 
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Kennst du ein Land? wo man den Menschen liebt,
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Der ohne Prunk der Tugend Pflichten übt,
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Dem unterm stillen strohgedeckten Dach
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Noch nie des Herzens süße Glück gebrach.
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Kennst du dies Land? Dahin, dahin
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Möcht’ ich aus stolzen Königsstädten ziehn.
 
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Kennet du ein Land? – ein heiliges Asyl,
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Des armen Dulders heiß ersehntes Ziel,
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Wo ihm die Ruhe freundlich lächelnd winkt,
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Und Herz an Herz voll reiner Liebe sinkt. –
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Kennst du dies Land? Ο Freund! dahin
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Will ich in’s Land der stillen Schatten ziehn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.9 KB)

Details zum Gedicht „An Ihn“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
42
Anzahl Wörter
289
Entstehungsjahr
1802
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht stammt von der deutschen Dichterin Susanne von Bandemer, die während der Aufklärung und dem Biedermeier im 18. und 19. Jahrhundert lebte und schrieb.

Der erste Eindruck des Gedichtes lässt ein starkes Fernweh sowie Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation vermuten. Das lyrische Ich scheint auf der Suche nach einer besseren Welt und stellt dem Adressaten oder der Adressatin („Ihm“) immer wieder die Frage, ob sie verschiedene Orte kennen.

Im Inhalt des Gedichtes werden verschiedene Länder und Inseln vorgestellt, die jeweils eigene positive Eigenschaften aufweisen, wie Frieden, Natürlichkeit und Freiheit. Immer wieder wünscht sich das lyrische Ich, dorthin ziehen zu können – zusammen mit dem angesprochenen „Freund“. Dabei scheint es sich um eine idealisierte Herumwandern in verschiedensten Ländern und Situationen zu handeln, ohne das aktuelle Land oder die gegenwärtige Situation näher zu definieren.

Das Gedicht ist streng formal strukturiert und hat einen sehr repetitiven Aufbau: Fast jede Strophe beginnt mit der Frage „Kennst du das Land“ oder „Kennst du die Insel“, woraufhin verschiedene Orte mit ihren jeweiligen Vorzügen vorgestellt werden. Die Strophen enden in der Regel mit dem Wunsch des lyrischen Ichs, in diese Orte ziehen zu wollen. Die Verslänge variiert von zwei bis sechs Versen pro Strophe.

In der Sprache des Gedichts sind viele allegorische und metaphorische Elemente zu finden. Zum Beispiel wird die Natur oft als Symbol für Freiheit, Schönheit und Harmonie verwendet, während die Orte selbst als Ausdruck von moralischer und ethischer Reinheit dargestellt werden. Das lyrische Ich wünscht sich, in eine Welt zu ziehen, in der Natur, Freiheit und Einfachheit vorherrschen und wo Menschen aufgrund ihrer Tugend und nicht aufgrund von Prunk und Glanz geschätzt werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht „An Ihn“ von Susanne von Bandemer einen starken Wunsch nach Erholen und Aufbruch ausdrückt. Der gesuchte Ort ist keine konkrete Geographie, sondern eher ein innerer, idyllischer Ort der Flucht vor den Schwierigkeiten und Unzufriedenheiten des Lebens. Dabei werden romantische Ideale von Natur, Freiheit und Einfachheit idealisiert und als Erholungsort und Sehnsuchtsort dargestellt. Die formale Struktur und die poetische Sprache unterstützen diese Botschaft und machen das Gedicht zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für die Suche nach einem besseren Ort.

Weitere Informationen

Das Gedicht „An Ihn“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Susanne von Bandemer. Die Autorin Susanne von Bandemer wurde 1751 in Berlin geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1802. Der Erscheinungsort ist Berlin. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 289 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 42 Versen. Die Gedichte „An * * * bey der Übersendung einer Haarlocke“, „An Elise Reichsgräfin zu S * * * L * * *“ und „An Elisen“ sind weitere Werke der Autorin Susanne von Bandemer. Zur Autorin des Gedichtes „An Ihn“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 86 Gedichte vor.

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