Epistel an den Herzog Ferdinand zu Braunschweig-Luneburg von Susanne von Bandemer

Dein Beyfall, großer Menschenfreund,
Ist mir mehr werth, als wenn zu meinem Preise
Sich eine halbe Welt vereint.
Mein Schicksal drängte mich aus jenem Gleise,
Worin Beruf, Natur und Häuslichkeit uns setzt.
Ganz Weib, ganz Mutter seyn bey stillem Seelenfrieden
War stets mein Wunsch, ist Seligkeit hienieden,
Und wird von mir weit mehr als Autorruhm geschätzt.
Zur Zeit als ich noch dieses Glück genoß,
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Mein Leben gleich dem Bach mir sanft durch Blumen floß,
 
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Da sang ich oft ein Lied, voll Scherz, Gefühl und Liebe,
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Gleich einem Vögelchen, aus angebornem Triebe;
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Und weit, unendlich weit
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War ich von jener Eitelkeit
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Entfernt, als Dichterinn zu prangen,
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Und Lorbeerkränze zu verlangen.
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Auf einmahl nahm das Glück
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Mit räuberischen Händen
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Mir alles; nichts blieb mir zurück,
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Als mich zum Musengott zu wenden.
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Allein auch dieser lohnt nach Gunst,
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Nach Launen mehr, als nach dem Werthe.
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Ein Chörilus erhielt für seine Kunst
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Mehr Goldphilippen, als ich je vom Glück begehrte. –
 
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Wie gieng es dort dem Tantalus?
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Er sah die Äpfel um sich, unter sich den Fluß,
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Und fort war Fluß und Apfel, wann er kosten wollte:
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So mir. – Doch nein, nicht alles nahm das Glück:
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Es ließ mir Muth, und ein schuldloses Herz,
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Und Andrer Mitgefühl für unverdienten Schmerz.
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Selbst deine Freundschaft, Prinz, dank’ ich dem Mißgeschick,
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Das mich nur dann auf immer niederdrückt,
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Wann mir kein frohes Lied mehr glückt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (28.1 KB)

Details zum Gedicht „Epistel an den Herzog Ferdinand zu Braunschweig-Luneburg“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
33
Anzahl Wörter
227
Entstehungsjahr
1802
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Epistel an den Herzog Ferdinand zu Braunschweig-Lüneburg“ wurde von Susanne von Bandemer (1751-1828) verfasst und kann daher in die Epoche der Aufklärung bis zum Beginn der Romantik eingeordnet werden.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass das lyrische Ich stark auf den Adressaten des Gedichts, den Herzog Ferdinand zu Braunschweig-Lüneburg, fokussiert ist und seine Zustimmung und Anerkennung schätzt.

Inhaltlich reflektiert das lyrische Ich zu Beginn über den Wert von Anerkennung und setzt die Zustimmung des Herzogs sogar über die der breiten Masse. Es folgt eine Schilderung der Vergangenheit, in der sie ein ruhiges, bescheidenes Leben führte und eher das Glück in der Mutterrolle suchte als im literarischen Erfolg. Durch eine unglückliche Wendung verlor sie jedoch ihr Glück und musste sich der Dichtkunst zuwenden. Dabei kritisiert sie, dass der Lohn für künstlerisches Schaffen oft ungleich und unfair verteilt ist. Trotz ihrer Verluste hebt sie hervor, dass sie ihren Mut und ein reines Herz behalten hat und dankt dem Herzog für seine Freundschaft.

Die Form des Gedichts besteht aus drei Strophen unterschiedlicher Länge mit insgesamt 33 Versen. Der Rhythmus und das Reimschema sind nicht durchgängig einheitlich, was dem Gedicht einen freien und persönlichen Charakter verleiht. Die Sprache ist recht direkt und klar, es werden nur wenige Metaphern oder Vergleiche verwendet. Von Bandemer verwendet jedoch einige klassische Bilder, wie das des Ruhms als Lorbeerkrone oder das des Tantalus aus der griechischen Mythologie, um ihre Situation zu beschreiben.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Gedicht Einblick in das innere Ringen einer Frau und Künstlerin der Aufklärungszeit gibt, die verschiedene Rollen und Anforderungen in sich vereinigen muss. Es ist daher sowohl aus literarischer als auch aus kulturhistorischer Perspektive interessant.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „Epistel an den Herzog Ferdinand zu Braunschweig-Luneburg“ ist Susanne von Bandemer. Die Autorin Susanne von Bandemer wurde 1751 in Berlin geboren. Im Jahr 1802 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her den Epochen Klassik oder Romantik zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 33 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 227 Worte. Die Gedichte „An Frau Sophie von La Roche“, „An G * * * g“ und „An Herzberg“ sind weitere Werke der Autorin Susanne von Bandemer. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Epistel an den Herzog Ferdinand zu Braunschweig-Luneburg“ weitere 86 Gedichte vor.

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