Epistel an den Geheimenrath von Diez von Susanne von Bandemer
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Leicht aufgescheucht vom kurzen Morgenschlummer, |
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Blickt’ ich halb schüchtern um mich her: |
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Und schämte mich, daß noch der böse Dämon Kummer |
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Verrätherisch die Ruhe mir geraubt. – Ach! Er, |
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Der mit gestähltem Herzen |
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Der Stoa Lehrer ist, Er lehrte mich die Schmerzen, |
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In ihrer allerstärksten Wuth |
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Mit Possidonius erhabnem Heldenmuth |
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Verachten. Nur der Mann nach meinem Ideal, |
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Das itzt realisirt vor meinen Augen schwebet, |
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Kann dieß; allein das Weib, aus schwächerm Stoff gewebet, |
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Fühlt, doppelt reizbar, jede Qual, |
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Die die Natur für sie bereitet, |
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Und die mein theurer Diez als Held und Mann bestreitet. |
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O, Freund der Wahrheit und Natur! |
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Die Praktik deiner Weisheitslehre |
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Macht dir und macht der Menschheit Ehre. |
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Die Göttinn unsrer Tage, die Kultur, |
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Die manches Gift uns Sterblichen bereitet, |
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Die nimmer müde wird, stets unsre Ruhe stört, |
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Den Thoren oft, den Weisen oft bethört, |
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Und, gleich dem Briareûs, mit hundert Händen streitet, |
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Ist nie das Opfer werth, das wir mit Sklavensinn |
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Der launenvollen Göttinn bringen. |
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Gewohnheit, heißt der Riese, der uns zähmt, |
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Der selbst die Kraft der ersten Seele lähmt, |
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Um sie ins Joch der Kunst zu zwingen: |
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Drum wünsch’ ich mich, so wahr ich bin! |
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Oft nach der Pelew-Insel hin, |
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Und träume mich in jenem guten Lande, |
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Gott weiß, wie glücklich, und in welchem bessern Stande. |
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Wohl dem, dem noch ein Traum das matte Herz erquickt: |
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Mag man denn immerhin zum Nichtgenuß erwachen; |
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Ein nur erträumtes Lachen |
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Ist einem Blümchen gleich, das man am Wege pflückt. |
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Du wirst dein edles Herz an mannichfachen Freuden, |
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Mein Diez, in dem Genuß der reizenden Natur, |
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Auf deiner ländlich schönen Flur |
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Wie Cicero im Tusculanum weiden, |
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Wo dir das Horn der Amalthea rinnt; |
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Ich aber werde mich im Geist des Glücks erfreuen, |
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Das dir Philosophie und Menschlichkeit verleihen, |
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Die deines Hauses Laren sind. |
Details zum Gedicht „Epistel an den Geheimenrath von Diez“
Susanne von Bandemer
8
43
293
1802
Klassik,
Romantik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Epistel an den Geheimenrath von Diez“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Susanne von Bandemer. Im Jahr 1751 wurde Bandemer in Berlin geboren. Im Jahr 1802 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht den Epochen Klassik oder Romantik zuordnen. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das 293 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 43 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Susanne von Bandemer sind „An Elisen“, „An Frau Sophie von La Roche“ und „An G * * * g“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Epistel an den Geheimenrath von Diez“ weitere 86 Gedichte vor.
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Zum Autor Susanne von Bandemer sind auf abi-pur.de 86 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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