Auf Herrn Timothei Poli Namenstag von Richard Dehmel
1 |
Ja, er hat es weit gebracht, |
2 |
unsrer Sprache werter Meister! |
3 |
Durch den Witz der klugen Geister |
4 |
hat er uns den Weg gemacht, |
5 |
daß wir nun die höchsten Sinnen |
6 |
vieler Völker trutzen können. |
|
|
7 |
Unser wird, was Andern war. |
8 |
Tass' Torquat, Petrarca weichen. |
9 |
Unsern Deutschen mag nicht gleichen |
10 |
Bartas, Sidney, Sannazar. |
11 |
Wenn Katz, Heins' und Opitz singen, |
12 |
so will ganz nichts Fremdes klingen. |
|
|
13 |
Auch das Alte wird verjüngt. |
14 |
Der Pelasger schönes Wesen |
15 |
und was Rom zuvor gelesen |
16 |
hört man, wie mans bei uns singt. |
17 |
Venus und ihr ganzer Orden |
18 |
ist nun kurz auch hochdeutsch worden. |
|
|
19 |
Du durchrennst des Lobes Bahn, |
20 |
Freund, mit abgeschoßnem Zügel! |
21 |
Ich auch setz' in vollem Bügel |
22 |
auf das schöne Wesen an, |
23 |
von dem Dafnes edle Sprossen |
24 |
um mein braunes Haar geschossen. |
|
|
25 |
Kastalis, dein teurer Fluß |
26 |
soll durch mich auch sich ergießen |
27 |
und mit völlern Ufern fließen |
28 |
um Cytherons grünen Fuß! |
29 |
Cyrrha soll mir Anlaß geben, |
30 |
was mein Meißen kan erheben. |
|
|
31 |
Heute laß uns unser sein! |
32 |
Der Tag, dein Tag, der so schöne, |
33 |
ruft uns treue Musensöhne |
34 |
von uns aus und zu dir ein. |
35 |
Der Tag, dein Tag, den wir ehren, |
36 |
soll uns neue Freude lehren. |
|
|
37 |
Dann so laß uns alles Leid, |
38 |
allen Kummer in die Gaben |
39 |
des gesunden Evans graben! |
40 |
Dann gedenk an keinen Neid, |
41 |
der, indem er uns verletzet, |
42 |
auf sich selbst sein Messer wetzet! |
|
|
43 |
Was bekümmert dich ein Maul, |
44 |
das nichts anders kan als klaffen |
45 |
und aus Gutem Böses schaffen, |
46 |
schnell' auf Schmach, auf Loben faul? |
47 |
Laß sie sagen, was sie wollen, |
48 |
wenn nur wir tun, was wir sollen! |
|
|
49 |
Wenn der Reben güldner Saft |
50 |
in den lichten Römern springet, |
51 |
und uns in die Stirne dringet |
52 |
seiner Stärke heiße Kraft, |
53 |
da vergessen wir der Sachen, |
54 |
die die Herzen irdisch machen. |
|
|
55 |
Das ist unser Pegasus, |
56 |
der uns von dem schweren Volke |
57 |
hoch setzt über eine Wolke, |
58 |
da uns Niemand schaden muß. |
59 |
Ehren uns Thymbräus Schwestern, |
60 |
so laß jene sicher lästern! |
|
|
61 |
Recht so, Polus, rufe laut! |
62 |
Her die Hand, dieweil ich trinke! |
63 |
Doch von Herzen geht die Linke, |
64 |
wie man itzt will sein getraut. |
65 |
Wer uns heute wird betrüben, |
66 |
den soll Phöbus nimmer lieben! |
|
|
67 |
Grahman wird nicht ferne sein, |
68 |
Grahman, unser dritter Treuer, |
69 |
der ihm um das Schorsteinfeuer |
70 |
wol läßt schmecken deinen Wein. |
71 |
Was du schenkest deinen Gästen, |
72 |
das kömmt dennoch dir zum Besten! |
|
|
73 |
Sind der Freunde mehr noch hier, |
74 |
wol! so laß sie alle kommen! |
75 |
Keiner muß sein ausgenommen, |
76 |
der dich ehrt und liebt wie wir. |
77 |
Du und er und ich und Alle |
78 |
wollen frölich sein mit Schalle. |
|
|
79 |
Sa, ihr Freunde, machts wie ich! |
80 |
Leeret die gefüllten Schaalen! |
81 |
Polus mag das Mahl bezahlen! |
82 |
Sa, ihr Brüder, seht auf mich! |
83 |
Tut mirs nach, wie ichs euch weise: |
84 |
auf die Wolfart unsrer Reise! |
Details zum Gedicht „Auf Herrn Timothei Poli Namenstag“
Richard Dehmel
14
84
443
nach 1879
Moderne
Gedicht-Analyse
Richard Dehmel ist der Autor des Gedichtes „Auf Herrn Timothei Poli Namenstag“. Dehmel wurde im Jahr 1863 in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1879 bis 1920 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Der Schriftsteller Dehmel ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 84 Versen mit insgesamt 14 Strophen und umfasst dabei 443 Worte. Weitere Werke des Dichters Richard Dehmel sind „Bitte“, „Büßende Liebe“ und „Chinesisches Trinklied“. Zum Autor des Gedichtes „Auf Herrn Timothei Poli Namenstag“ haben wir auf abi-pur.de weitere 522 Gedichte veröffentlicht.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Weitere Gedichte des Autors Richard Dehmel (Infos zum Autor)
- An mein Volk
- Antwort
- Auf der Reise
- Aufblick
- Ballade vom Volk
- Bann
- Bastard
- Bitte
- Büßende Liebe
- Chinesisches Trinklied
Zum Autor Richard Dehmel sind auf abi-pur.de 522 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt