England und Deutschland von Johann Gottfried Herder

Stolzes Brittannien, du! du raubst von Osten und Westen
Köstlich duftendes Reis, das dich in Flammen verzehrt,
Glänzender Phönix! Wir, die deutsche fleißige Biene,
Sammlen auf jeglicher Flur Honig, und wissen nicht, wem ?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.5 KB)

Details zum Gedicht „England und Deutschland“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
4
Anzahl Wörter
33
Entstehungsjahr
1796
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „England und Deutschland“ wurde von Johann Gottfried Herder verfasst, der im achtzehnten Jahrhundert lebte. Herder zählt zu den bedeutendsten Dichtern der Weimarer Klassik und ist bekannt als einer der geistigen Väter des Gedankens von der kulturellen Vielfalt der Völker.

Schon auf den ersten Blick eröffnet das Gedicht eine Spannung zwischen der Macht und dem Stolz Großbritanniens auf der einen Seite und dem leisen Selbstzweifel und der Unsicherheit Deutschlands auf der anderen Seite. Die Kontrastierung zwischen diesen beiden Nationalcharakteren kommt dabei vor allem durch Herders metaphorische Sprachbilder zum Ausdruck.

Inhaltlich stellt Herder Großbritannien als eine imperialistische Macht dar, die „von Osten und Westen köstliches, duftendes Reis“ raubt – ein Bild, das auf die damaligen britischen Kolonialbestrebungen in Asien und Amerika anspielt. Deutschland wird hingegen durch das eifrige, aber bescheidene Bild der Biene repräsentiert, die ohne klare Vorstellung von Zweck oder Nutznießer ihres Produkts Honig sammelt. Mit dieser Darstellung kritisiert Herder vermutlich das fragmentierte politische System Deutschlands zur Zeit des Heiligen Römischen Reichs, in dem viele kleine Territorien jeweils ihre eigene Agenda hatten und keine übergreifende Nationaleinheit vorhanden war.

Formal besteht das vorliegende Gedicht nur aus einer Vierzeilen-Strophe. Trotz seiner Kürze entwickelt Herder darin eine umfassende Kritik an den politischen und gesellschaftlichen Zuständen seiner Zeit. Auch sprachlich wird Herders Dichtung von starken Bildern geprägt. So verwendet er beispielsweise die Bilder des Phönix und der Biene, um auf die unterschiedlichen Charaktere und Rollen von Großbritannien und Deutschland aufmerksam zu machen. Gleichzeitig schwingt in seinen Versen auch immer eine gewisse Melancholie und eine tiefe, nicht immer positive, Reflektion von Deutschlands Rolle in der Welt mit.

Weitere Informationen

Das Gedicht „England und Deutschland“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. 1796 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Neustrelitz. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. Die wesentlichen Merkmale des Sturm und Drang lassen sich als ein Rebellieren oder Auflehnen gegen die Aufklärung zusammenfassen. Das literarische und philosophische Leben in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die Literatur sollten dadurch maßgeblich beeinflusst werden. Die Schriftsteller der Epoche des Sturm und Drangs waren häufig unter 30 Jahre alt. Um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen, wurde im Besonderen darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Die Werke vorheriger Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Schiller, Goethe und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik dauerte von 1786 bis 1832 an. Zentrale Vertreter dieser Epoche waren Goethe und Schiller. Die zeitliche Abgrenzung orientiert sich dabei an dem Schaffen Goethes. So wird dessen erste Italienreise 1786 als Beginn der deutschen Klassik angesehen, die dann mit seinem Tod 1832 ihr Ende nahm. Sowohl Klassik als auch Weimarer Klassik sind oftmals verwendete Bezeichnungen für die Literaturepoche. Die Vertreter der Weimarer Klassik wollten die antiken Stoffe aufleben lassen. Mit der antiken Kunst beschäftigte sich Goethe während seiner Italienreise. Die Antike gilt nun als Ideal, um Harmonie und Vollkommenheit zu erreichen. Typisch ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Gefühl und Vernunft. Die Dichter haben in der Weimarer Klassik auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Goethe und Schiller.

Das 33 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 4 Versen mit nur einer Strophe. Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Gesetz der Welten im Menschen“, „Das Glück“ und „Das Kind der Sorge“. Zum Autor des Gedichtes „England und Deutschland“ haben wir auf abi-pur.de weitere 413 Gedichte veröffentlicht.

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